Kritik zu 8 Namen für die Liebe
Willkommen bei den Basken: In dieser Komödie, die mit bisher elf Millionen Zuschauern der erfolgreichste spanische Film aller Zeiten ist, gerät ein Andalusier auf der Suche nach seiner großen Liebe ins grimmige Baskenland
Hombre, was kann diese Frau schimpfen! Die anschaulichen Beleidigungen, die sich Amaia und Rafael an den Kopf werfen, sind herrlich. Im Kielwasser der Sch'tis ist auch in Spanien eine Komödie, in der die regionalen Gegensätze zwischen Nord und Süd aufs Korn genommen werden, zum Publikumsrenner aufgestiegen. Wie bei den Sch'tis ist der verbale Witz das Fundament der Komik. Das iberische Lustspiel, in dem sich eine Baskin und ein Andalusier in Rage reden, was meist in rabiaten Knutschereien endet, ist jedoch noch deftiger. Der Krieg und die Liebe sind sich hier sehr nahe, und der verbale Schlagabtausch, in dem sich jahrhundertelang erarbeitete Ressentiments Luft machen, verwandelt sich im Nu in Aktion. »Sie wollen die Unabhängigkeit, aber sie lieben die Spanier«, heißt es einmal über die barschen Basken – womit das Prinzip von Anziehung und Abstoßung flink von der Liebe, in der ein Kompromiss zwischen Autonomie und Unterwerfung gefunden werden muss, auf die Politik übertragen wird. Die baskische Untergrundorganisation ETA schwor erst 2011, nach über 800 Morden seit 1968, der Gewalt ab. Noch 2013 Jahr gab es in Madrid wütende Demos gegen die Freilassung von ETA-Häftlingen. Eingedenk dessen wirkt die Unbefangenheit, mit der Regisseur Lázaro den nach wie vor virulenten Konflikt zum Running Gag seiner Liebeskomödie ausbaut, ziemlich frech.
Das Paar in spe gerät erstmals in einem Restaurant in Sevilla aneinander, wo Amaia ihren Liebeskummer ertränkt und angesichts andalusischer Anmache Gift und Galle spuckt. Das will sich Rafa nicht bieten lassen, provoziert sie mit fiesen Baskenwitzen, wirft sie raus – und landet mit ihr im Bett, ohne die Betrunkene jedoch anzurühren. Am Morgen danach ist sie weg, und der verliebte Andalusier reist ihr trotz seiner Angst vor ETA-Terroristen nach. Mit gekonnten Storykniffen dreht sich diese Situation um, als baskische Nationalisten und bald auch Amaias Vater, ein bärbeißiger Fischer, ins Spiel kommen. Nun jagt Amaia dem panischen Andalusier, der schon wieder erleichtert im Bus in Richtung Süden saß, hinterher. Rafa soll vor ihrem Vater ihren baskischen Bräutigam mimen; auch gilt er inzwischen als große Nummer einer nationalistischen Untergrundbewegung. Bald peitscht der Pseudobaske eine demonstrierende Menge mit antispanischen Gesängen auf, im Takt seiner heimatlichen Sevillanas.
Das sich stetig auftürmende Lügengebäude ist leichthändig konstruiert. Zwischen Liebe und Vater-Tochter-Gefühlen, Tränengas und brennenden Mülltonnen geht es hoch her. Garniert ist das turbulente Volkstheater mit Streiflichtern auf regionale Charakteristika wie Pelota und Graffiti. Mit Schwenks auf die atemberaubende kantabrische Küste betreibt die Komödie nach dem Muster der Sch'tis wie nebenbei Tourismuswerbung. Gut geklaut ist auch das Gruselgefühl des Südländers beim Eintritt in die von Regen gepeitschte Nordwelt. Zwar würde man gerne wissen, wie viele Basken unter den bisher elf Millionen Filmbesuchern waren, hebt doch der Film die Dödelhaftigkeit der Nationalisten hervor. Dennoch ist der Humor gerade deftig genug, um noch familienkompatibel zu sein, und die Darsteller sind quirlig, ohne je zum hektischen Hanswurst zu verkommen. Hie gegelte, Goldkettchen tragende Maulhelden, die sich für ein Gottesgeschenk an die Weiblichkeit halten – dort gänzlich unanschmiegsame Frauen mit einem Blick, der an »Asterix in Korsika« erinnert; hie Männer, die sich umarmen und küssen – dort ein kräftiger Schlag auf die Schulter: polemischer wird es bezüglich Verhaltensklischees nie.
Aber. Da der Witz, mit kreativen Schimpfkanonaden und der Verschiedenartigkeit von baskischem und spanischem Idiom, hauptsächlich in der Sprache fußt, ist eine geglückte Übersetzung schwer vorstellbar. Denn was bei den Sch'tis, die mit einer Kunstsprache synchronisiert wurden, wunderbar funktionierte, hat schon bei der ebenfalls sehr lustigen La Famille Bélier nicht mehr geklappt. Wer auch nur ein paar Brocken Urlaubsspanisch beherrscht, sollte deshalb besser in eine untertitelte Vorstellung gehen.
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