Kritik zu Die Unschärferelation der Liebe
Caroline Peters und Burghart Klaußner haben das Stück »Heisenberg« schon auf der Bühne des Düsseldorfer Schauspielhauses gespielt. Nun hat es Lars Kraume mit den beiden für die Leinwand umgesetzt
»Finden Sie mich anstrengend, aber bezaubernd?«, fragt Grete (Caroline Peters) den überrumpelt wirkenden Herrn (Burghart Klaußner), den sie zuvor an der Bushaltestelle versehentlich, vielleicht aber auch vorsätzlich, in den Nacken geküsst hat. Seit dieser Begegnung lässt sie nicht locker, bequatscht ihn im Dauerschwall, taucht wie eine Stalkerin in seiner Metzgerei auf, lädt ihn recht unverblümt zum Sex ein, um ihn alsbald um eine größere Geldsumme anzuhauen, damit sie ihren abtrünnigen Sohn in New York besuchen kann. Man ahnt da bereits, warum sie auch dem irgendwann zu viel wurde.
Gegenüber dem Herrn von der Bushaltestelle, Alexander, lässt sie nicht locker: »Irritiere ich Sie?«. Als er bejaht, legt sie nach: »Aber ist das eher so horrormäßig, oder interessant: mal schauen, was als nächstes passiert?« So fegt die quirlig aufdringliche Grete über ihr unwilliges Gegenüber hinweg, bombardiert ihn mit Fragen, Fest- und Unterstellungen, bis sie ihn gegen alle Widerstände zuletzt doch aus der Reserve lockt, bis gegen alle Wahrscheinlichkeit so etwas wie Verliebtsein entsteht.
Caroline Peters und Burghart Klaußner haben das Theaterstück »Heisenberg« von dem Briten Simon Stephens bereits 2016 am Düsseldorfer Schauspielhaus durchgespielt, mit so großem Erfolg, dass Klaußner seinem Stammregisseur Lars Kraume (»Der Staat gegen Fritz Bauer«, »Das schweigende Klassenzimmer«) den gänzlich unpolitischen Stoff angetragen hat.
Zwei Menschen quasseln einen ganzen Film lang, bis in beiläufig charmanter Alltäglichkeit aus dem Reden heraus langsam ein Zauber entsteht: Keiner beherrscht das so gut wie französische Filmemacher, man denke an Eric Rohmer. In Deutschland dagegen wirkt das schnell ein bisschen angestrengt, obwohl Lars Kraume der late girl meets older man-Geschichte eine ganze Stadt, ein flirrendes Berlin jenseits der bekannten Touristenorte als Bühne bereitet.
Kommentare
Wo versteckt sich die Unschärfe?
Ich freute mich sehr, den Film letztes Jahr nicht nur im Kino anschauen zu können, sondern jetzt aktuell auch im Fernsehen.Was ich bei diesem echt originellen und auch die Berliner Stadt-Atmosphäre toll wiedergebenden Streifen nur nicht ganz verstehe, ist der Titel. Sei es deswegen, weil ich von Physik zu wenig Ahnung habe oder vielleicht auch von der Liebe – oder beiderlei.
Beobachten konnte ich jedenfalls von Anfang an, dass von Grete (Caroline Peters) “Impulse” ausgehen – und zwar am laufenden Band. Sie treffen auf einen “Ort” – namens Alexander (Burghart Klaußner). Dieser kommt kaum nach sie abzuwehren. Irgendwann ändert sich das und er gibt ebenfalls ein paar Impulse von sich, vor allem wenn er von der schon mit zehn Jahren verstorbenenen Schwester erzählt sowie der früheren Freundin – der bis dahin einzigen Frau in seinem Leben.
Später während der gemeinsamen Reise nach Amerika und auf der Suche nach dem verlorenen Sohn von Grete – besonders vor der Kulisse von Manhattan – wird Alexander dann sogar zum fast alleinigen Impulsgeber. Er verspricht, Grete überallhin folgen zu wollen, wohin sie jemals zu gehen gedenkt. Die macht das glücklich. Ein schönes Bild, noch immer sehe ich es vor mir, ziemlich genau, zumindest relativ scharf, indes keineswegs unscharf. Wo also versteckt sich die Unschärfe?
Etwas in der Art entdeckte ich allenfalls in einigen politischen Äußerungen, die mir schräg vorkamen und obendrein unvermittelt, zu idealistisch-verklärend in Bezug auf Europa, zu negativistisch-pauschal hinsichtlich den USA. Aber egal, ich glaube mit dem Titel hängt das eher weniger zusammen. Bin somit gespannt, ob mich jemand aufklären kann, zumal ich in bisher gelesenen Rezensionen wenig fündig wurde.
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