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Gerhard Midding

Wenn ich nach dem Schreiben dieses Eintrags und vor der Veröffentlichung einige Schlagworte in die Maske eintragen muss, werden da ziemlich fremde Bettgesellen aufeinandertreffen: MGM, Die Drei Musketiere, die Schwarze Liste, Madame Bovary, George Cukor, Robert Parrish, Robert Mitchum, der Mahdi, Sam Peckinpah – und Peter Sloterdijk, dem man an dieser Stelle bisher noch nicht begegnen musste. Beinahe hätte ich Angela Merkel vergessen.

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Sie hätte ohne Zweifel eine bessere Überschrift gefunden. Das Erfinden von Titeln ist eines ihrer großen Talente, von dem viele unserer gemeinsamen Sendungen profitierten. Auf Anhieb fällt mir die zum 125. Geburtstag des Eiffelturms ein: Meine Vorschläge waren nur mau, aber sie hatte augenblicklich den glänzenden Einfall, sie »Herausragend« zu nennen.

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Meine größte Neugier zielte natürlich darauf, wie sie wohl die Geschichte mit dem Milchglas hinbekommen würden. Auf der Leinwand kann man sie zum Leuchten bringen (zumindest, wenn man so geniale Ideen wie Alfred Hitchcock hat), im Radio muss notwendig sie stumm bleiben. Aber was ließe sich auf der Bühne mit ihm anfangen?

Gerhard Midding

Vor zwei Tagen habe ich noch an ihn gedacht. Ich schrieb über eine Retrospektive mit Rom-Filmen, die noch bis Mitte Februar in Wien läuft. Ettore Scola ist in der Reihe würdig vertreten, aber es gelang mir partout nicht, eine Passage über ihn einzubauen. Wie bekommt man einen solchen Kinoort in den Griff, wenn man nicht mal 2000 Zeichen zur Verfügung hat?

Gerhard Midding

Ich bin nicht recht befugt, einen Nachruf auf ihn zu schreiben. Schließlich habe ich ihn nie in seiner berühmtesten Rolle erlebt. Da ich die Harry-Potter-Saga komplett geschwänzt habe, ist Severus Snape ein Unbekannter für mich. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, das zu bedauern. Immerhin sei Snape, versicherte die Redakteurin, die vorgestern auf der Suche nach einem geeigneten Autor anrief, das Beste an der ganzen Serie.

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Vor gut einem halben Jahr, im Juni, habe ich schon einmal auf eine Reihe mit seinen Filme hingewiesen. Man kann es nicht oft genug tun. Damals waren sie im Münchner Filmmuseum zu sehen, nun sind sie es im Zeughauskino in Berlin sowie im Stadtkino Basel. Hou Hsiao-hsien ist im deutschsprachigen Raum sozusagen nur im Paket zu haben, ein Champion der Retrospektiven.

Gerhard Midding

An die Vergangenheit denkt sie nicht gern zurück, denn dann nähme sie zu viel Raum ein. Ihre Produktionsfirma, deren Sitz in Neuilly sinnfälligerweise zwischen den großen Konzernen Gaumont und UGC liegt, betreibt sie noch immer. Den letzten Film produzierte sie vor fünf Jahren fürs Fernsehen. Da war Mag Bodard immerhin schon 95 Jahre alt.

Gerhard Midding

Eine Reise in die Heimat hat ihre Vorzüge; sicherlich nicht nur, wenn sie in Ostwestfalen liegt. Man darf sich am Nabel der Welt fühlen. Der Anschein des Provinziellen trügt. Vielmehr wird man von Superlativen förmlich umzingelt. Die Lokalpresse kommt kaum nach in der Berichterstattung über mannigfache Rekordleistungen.

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Üblicherweise wird diese Geschichte als Niederlage erzählt. Sie steht unter dem Vorzeichen von Abglanz und Scheitern. Ohne Enttäuschungen und Demütigungen kommt sie nicht aus; alles andere wäre eine Lüge. Selbstverständlich wird auch in Stewart O'Nans neuem Roman "West of Sunset" aus F. Scott Fitzgeralds letzten Lebensjahren keine Erfolgsgeschichte.

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Der Anstecker am Revers ihrer Jacke war mir zunächst gar nicht aufgefallen. Wir schauen uns unser Gegenüber im Alltag ja viel zu selten genau an. Aber auf den zweiten Blick sah ich den Button, den die junge Dame an der Hotelrezeption trug. »Moin, moin Flüchtlinge« war darauf zu lesen.