Amazon: »A Killer's Memory«
Wie man derzeit in Richard Linklaters »A Killer Romance« lernen kann, sind Profikiller, zumindest wie der Normalbürger sich den Beruf vorstellt, eine Erfindung des Kinos – und zwar eine sehr lebendige: Nach Liam Neeson in »Memory«, Pierce Brosnan in »Fast Charlie« und Michael Fassbender in »The Killer« variiert nun Michael Keaton als Regisseur und Hauptdarsteller das Subgenre des Auftragsmörderfilms. Eine hübsche Pointe besteht darin, dass in »Knox Goes Away«, so der mehrdeutige Originaltitel, der Job der Titelfigur lediglich das Neo-Noir-Hintergrundrauschen für die Geschichte eines Mannes bildet, der im Angesicht einer tödlichen Krankheit die letzten Dinge geregelt wissen will. Gleich zu Beginn des Films erhält dieser John Knox die Diagnose einer rasant fortschreitenden Creutzfeld-Jakob-Erkrankung. Ihm bleiben eher Wochen als Monate. Also beginnt Knox umgehend damit, seinen Nachlass zu regeln. Danach plant er zu verschwinden, bevor sein Gedächtnis es tut.
Natürlich funktioniert das alles nicht so einfach. Erst geht ein letzter Job auf tragische Weise schief, was eine hartnäckige Polizistin auf den Plan ruft, dann steht Knox' verzweifelter Sohn vor der Tür, weil er im Affekt den Vergewaltiger seiner Tochter getötet hat und nun Hilfe braucht. Dank eines guten Drehbuchs und Keatons unaufgeregter Inszenierung wirkt diese Häufung an Hürden nicht konstruiert, sondern wie eine schicksalhafte Verdichtung auswegloser Situationen. Überhaupt gelingt es Keaton sehr eindrucksvoll, mit Genrekonventionen zu arbeiten, ohne in Klischees zu verfallen. Viele Motive in »Knox Goes Away« wirken vertraut – »klassisch«, könnte man sagen –, entwickeln sich aber doch ein bisschen anders als gedacht.
Dazu gehört auch ein genretypischer Wettlauf gegen die Zeit, denn Knox muss zur Rettung seines Sohnes einen minutiös ausgetüftelten Plan umsetzen. Dass er den Spitznamen »Aristoteles« trägt, ist angesichts seines auf formaler Logik basierenden Vorhabens eine hübsch-hintersinnige Anspielung. Eile ist geboten, damit Knox nicht vollends in Umnachtung verschwindet. Notizen an sich selbst und sein alter Weggefährte Xavier leisten ihm dabei Hilfestellung. Xavier wird von Al Pacino gespielt, der hier als dandyhafter Gauner im Ruhestand eine kleine, feine Altersrolle findet, mit leisem Witz und einer beiläufigen Referenz an seinen Tango in »Der Duft der Frauen«. Auch Marcia Gay Harden als Knox' traurige Ex-Frau und Suzy Nakamura als Polizistin mit »Columbo«-Spürsinn hinterlassen bleibende Eindrücke – Figuren, die einem nahekommen, obwohl man nicht viel über sie erfährt. Und natürlich Keaton selbst, der mit leise grollender Stimme und brütendem Understatement eine enorme Präsenz entwickelt.
Das alles inszeniert Keaton in gedämpftem Licht, lakonischem Tonfall und mit pointiert eingestreutem Humor. Letztlich ist es die alte Geschichte vom Gangster, der mit der Welt ins Reine kommen will, bevor er abtritt. Man sieht das nicht mehr oft, und noch seltener so fein umgesetzt wie hier.
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