Kritik zu A Killer Romance

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Richard Linklaters neue Komödie handelt von einem nerdigen College-Dozenten, der als Lockvogel ausgerechnet in der Verkleidung eines vermeintlichen Profikillers die große Liebe findet

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Richard Linklater hat in fast jedem Genre gearbeitet, von Western (»Die Newton Boys«) bis Science-Fiction (»A Scanner Darkly«). Berühmt wurde er allerdings für seine »Before«-Trilogie, und fast noch mehr durch die anarchische Familienkomödie »School of Rock« mit Jack Black als Lehrer, der gar keiner ist – was zu Linklaters neuem Film »Hit Man« führt, in dem die Titelfigur ihren Job als Killer ebenfalls nur vorspielt: Gary Johnson (Glen Powell) ist eigentlich ein nerdiger Psychologieprofessor in New Orleans, der vor seinen Studenten zwar mitreißend über Nietzsches Philosophie der Selbstverwirklichung doziert, selbst aber ein denkbar unverwirklichtes Vorstadtleben führt.

Was niemand weiß, ist, dass der unscheinbare Gary nebenher als Tonmann Undercover-Ermittler der lokalen Polizeibehörde verdrahtet. Als bei einem Einsatz der vorgesehene Cop ausfällt, lässt Gary sich dazu überreden, den Ersatzmann zu spielen: Als vermeintlicher Profikiller soll er einen Verdächtigen in die Falle locken, der ihn zur Beseitigung eines Rivalen anheuern will.

Entgegen allen Erwartungen macht Gary sich als eiskalter Killer ganz hervorragend – und wird nun regelmäßig als Lockvogel eingesetzt. Sehr schnell findet er an dem Rollenspiel so großes Gefallen, dass er sich für jede Zielperson als »passender« Killertypus verkleidet. Mal ist er ein tätowierter Redneck, mal ein androgyner Schnösel, mal ein smarter Charmeur. Auf charmante Weise macht Linklater den Film hier zu einer Reflexion über Rollenbilder, filmisch geprägte Projektionen und das Wesen der Schauspielerei. Wenn eine Kollegin Gary bewundernd »Daniel Day« nennt, wird die Metaebene fast ein bisschen zu offensichtlich.

Gary mag behaupten, durch sein »Method Undercover Acting« das Vertrauen seiner Zielpersonen gewinnen zu wollen, tatsächlich aber scheint er vor allem verdrängte Facetten seiner eigenen Persönlichkeit auszuloten. So auch als cool gestylter, ebenso abgebrühter wie sensibler Killer namens Ron. In diesem Part verliebt er sich in eine junge Frau namens Madison ­(Adria Arjona), die ihren gewalttätigen Mann loswerden will. Anstatt sie zu überführen, überzeugt Ron sie davon, sich einfach scheiden zu lassen. Kurz darauf treffen die beiden sich wieder und werden heimlich ein Paar. Die Vorstellung, dass ihr neuer Freund ein Profikiller ist, findet Madison eher erregend als ängstigend. Hier nun beginnt Linklater eine vergnügliche Mischung aus Neo-Noir und RomCom, die das frivole Potenzial des Genres nutzt: Ron und seine Femme fatale Madison sind ohne Umschweife »sexy« zu nennen, und das Thema des Rollenspiels bekommt bei ihren erotischen Treffen eine zusätzliche Dimension.

Das Knisternde funktioniert auch deshalb so gut, weil Linklater zwei relativ unbekannte Schauspieler besetzt hat. Glen Powell, in Erinnerung vor allem aus »Top Gun: Maverick«, zeigt eine bemerkenswerte Vielseitigkeit und erinnert in seiner Mischung aus Virilität und Verschmitztheit tatsächlich ein wenig an Tom Cruise, minus dessen Selbstgewissheit; dass zwischen ihm und Adria Arjona (»Star Wars: Andor«) die sprichwörtliche »Chemie« stimmt, ist in jeder Szene spürbar, und ein Fake-Verhör der beiden, das wie eine brillante Schauspielimprovisation aufgezogen ist, gehört zu den schönsten Szenen Films.

Umso unnötiger sind angesichts der vielen charmanten Ideen ein paar halb gare Monologe Garys über Identität und Selbstfindung, die wirken, als habe Linklater der Leichtfüßigkeit seines Stoffs nicht vertraut. Dass die Geschichte – von den fragwürdigen Polizeimethoden bis zum Umgang mit Mord – sich moralisch auf sehr dünnem Eis bewegt, übersieht man angesichts des schieren Unterhaltungswerts beinahe. Am Ende nimmt Garys Rollenspiel eine finstere Wendung, die man zynisch oder doppelbödig finden kann: wenn man so will, ist es Linklaters Idee einer »history of violence«. Es könnte sich lohnen, sie weiterzuerzählen.

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