Film des Monats März: »Leviathan«
Der Automechaniker Kolja lebt mit seiner Frau und seinem Sohn aus erster Ehe im Norden Russlands, an der Küste der Barentssee. Schon seit Jahren liegt er mit dem Lokalpolitiker Vadim im Rechtsstreit: Vadim möchte mit allen Mitteln das Grundstück in die Hände bekommen, auf dem Koljas Holzhaus steht. Kolja hält mit seinem Freund, dem Moskauer Anwalt Dmitrij, dagegen. Aus diesem Konflikt entfaltet Andrej Zvyagintsevs Film ein detailreiches und düsteres Porträt der russischen Gesellschaft. Er zeichnet das schonunglose Bild eines Landes, das in einem Zirkel von Aggression und Depression gefangen ist. In dieser Welt sucht die Jugend Zuflucht in einer Kirchenruine, während sich zugleich Politik und orthodoxe Kirche zum gegenseitigen Vorteil verbündet haben.
Leviathan – das ist der Name des Seeungeheuers im Buch Hiob, von dem gesagt wird, dass es auf Erden nicht seinesgleichen gibt. Gott hält dem leidgeplagten Hiob vor, dass kein Mensch genug Macht besitzt, um es mit diesem Monster aufzunehmen. Leviathan, das ist auch der Titel einer staatstheoretischen Schrift des Engländers Thomas Hobbes. Im Rückgriff auf das biblische Ungetüm plädiert Hobbes dafür, der menschlichen Natur eine souveräne Struktur – den Staat – überzuordnen, um deren Destruktivität zu beschränken.
Als böser Kommentar zu dieser Lehre liegt am Meeresufer ein riesiges Walskelett, Sinnbild für die Fehlentwicklung eines Staates, der den Einzelnen zähmen sollte und sich letztlich selbst vernichtet hat. Skrupellose, korrupte Politiker haben das entstandene Machtvakuum schon längst geschlossen. In einer großartigen Szene holt ein Dorfpolizist verblasste Politikerporträts hervor, um auf sie zu schießen. Auf die Frage, ob er auch aktuellere Bilder habe, antwortet er nur: »Dafür ist es noch zu früh.« Im Buch Hiob heißt es über den Leviathan: »Siehe, jede Hoffnung wird an ihm zuschanden; schon wenn einer ihn sieht, stürzt er zu Boden.« Keine schlechte Beschreibung für Zvyagintsevs Monster.
Start am 12. März
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