03/2010
In diesem Heft
Filmkritik
»Agora« – eine der teuersten europäischen Produktionen – erschließt ein bisher unverfilmtes Kapitel des römischen Reiches und schlägt mit ausgeklügelter Farbdramaturgie und moderner Aufnahmetechnik eine Brücke zwischen antiken und modernen Glaubenskriegen
Ein Cop fahndet nach dem Mörder seiner Tochter und kommt einer politischen Verschwörung auf die Spur. »Auftrag Rache« ist ein angenehm altmodischer, nicht immer schlüssiger Thriller, der nicht zuletzt von seinem großartigen Darstellerensemble lebt, allen voran ein sichtlich gealterter Mel Gibson
Man muss kein Heavy-Metal-Fan sein, um diesen Film zu mögen. Sacha Gervasi erzählt nicht nur die sehr berührende Geschichte der erfolglosen Band »Anvil«, sondern zeigt, wie sehr persönliches Engagement und eine knallharte Musikindustrie einander zuwiderlaufen
Nicht als Jason Bourne, sondern als Officer Roy Miller fahndet Matt Damon in Bagdad vergeblich nach Massenvernichtungswaffen. »Green Zone« ist ein redlicher Aufklärungsfilm, der allerdings ohne tiefgreifendere Erschütterungen auskommen muss
Der Henri Quatre von Jo Baier und Regina Ziegler ist ein blasser Kostümfilm in einem Schlachtfeld aus Sperma und Blut
Matti Geschonnecks Literaturverfilmung »Boxhagener Platz« ist eine feinironische Tragikomödie über die vielfältigen Überlebensstrategien in der Ex-DDR, die durch klare Figurenzeichnung und eine hervorragende Besetzung überzeugt
Die gut beobachtende, quirlig inszenierte Komödie »Das ganze Leben liegt vor dir« über eine arbeitslose Akademikerin und die Methoden eines Callcenters bietet eine lebensnahe Verbindung zwischen Sozialkritik und Existenzial-Ontologie
»Die Friseuse« ist eine schrille Sozialkomödie über eine arbeitslose Friseuse im Ostberliner Bezirk Marzahn, die ihren runden Körper selbstbewusst ausstellt, beim Versuch zur Existenzgründung ungewöhnliche Wege geht und in die Welt der vietnamesischen Migranten eintaucht
850 Millionen verkaufte Groschenhefte sind eine gute Grundlage für eine Bestsellerverfilmung, aber dennoch haben die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert aus den Abenteuern des »G-Man« Jerry Cotton keine schenkelklopfende Parodie gemacht, sondern eine Actionkomödie mit urigem Charme um das große Geld
Amerikanische Dutzendware über einen Helden des Alltags. Ein Vater setzt in »Ausnahmesituation« alles daran, um ein Heilmittel gegen die tödliche Erkrankung zweier seiner Kinder zu entwickeln
»Precious« ist ein stilvoll und emotional ergreifend inszeniertes, humanistisches Sozialdrama über eine vergewaltigte, minderjährige Mutter, die sich aus ihren elenden Familienverhältnissen befreien kann
Remake von Giuseppe Tornatores »Stanno Tutti Bene« (1990). »Everybody's Fine« ist das Drama um einen Witwer, der seine vier erwachsenen Kinder besucht und feststellen muss, dass er von deren wirklichen Lebenssituationen keine Ahnung hat
Der Film erzählt die Geschichte eines sogenannten Ehrenmords im kulturellen Transitraum zwischen Deutschland und der Türkei unter hohem emotionalem Einsatz, ohne sich dabei für eine Form entscheiden zu können
Eine Sozialarbeiterin nimmt ein verstörtes Mädchen bei sich auf, durch dessen manipulative Macht sie mit eigenen Kindheitstraumata konfrontiert wird. Hollywood-Debüt des deutschen Regisseurs Christian Alvart, das an schlichten Psychologisierungen und atmosphärischer Unausgewogenheit leidet
In seinem Ausflug ins Horrorgenre liebäugelt Scorsese mit Trash und Kolportage, bietet auf seiner Insel des Wahnsinns aber zugleich eine Auseinandersetzung mit Paranoia und Verschwörungstheorien. Trotz einiger Schwächen birgt »Shutter Island« eine spannende Fahrt in seelische Abgründe – und durch die Filmgeschichte
»Schwerkraft« ist ein starkes Debüt, das sich blitzschnell aus der Mitte der Gesellschaft an deren Ränder bewegt, ohne dabei ins Taumeln zu geraten. Und dabei trifft Maximilian Erlenwein auch musikalisch den richtigen Ton
Während Gerüstbauer Richie beim Großstadtsport Parkour keine Umwege nimmt, verrennt er sich in der Liebe zu seiner Freundin Hannah in eine wahnhafte Eifersucht, die am Ende des Films von Marc Rensing unbefriedigend als Psychose ausgelegt wird
Das Porträt eines Trinkers, der mal ein Countrystar war, und die Liebesgeschichte eines unmöglichen Paares zwischen Houston und Santa Fe. Ein äußerst sympathischer, unaufdringlicher Film über das Kaputtgehen, das Weitermachen und die melancholischen Songs unterwegs
»Blind Side« ist das Feelgoodmovie zur Obama-Regierung. Eine Südstaatenfamilie liest einen schwarzen Jungen auf der Straße auf. Das geschieht zwar noch in der Bush-Ära – aber erst jetzt lässt es sich so richtig vermarkten. Ein wahres soziales Wunder in einem mittelmäßigen Film
Man muss sie einfach mögen, die Antihelden der Dreamworks-Filme. Nicht nur der neue Held Hicks kann sich der Sympathien sicher sein, auch die Drachen haben das Zeug dazu, die Herzen zu erobern, sicherlich bald auch als begehrte Merchandisingprodukte!
»Pink Taxi« ist eine einfühlsame Dokumentation mit drei Moskauer Taxifahrerinnen, die die Hoffnung auf den richtigen Mann in ihrem Leben gegen alles Besserwissen noch nicht ganz aufgegeben haben
»Star Wars« im Irak. Grant Heslovs Film »Männer die auf Ziegen starren« über eine geheime Spezialeinheit paranormaler Soldaten orientiert sich eher am gehobenen Unsinn der Coen-Brüder als an Antikriegsklassikern wie »Catch 22«. Aber daran gibt es auch nichts auszusetzen
Die Grabeskirche in Jerusalem beherbergt Vertreter vieler christlicher Konfessionen. Dass sich das religiöse wie menschliche Nebeneinander nicht immer konfliktfrei gestaltet, zeigt der zurückhaltend beobachtende Dokumentarfilm »Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen« von Hajo Schomerus
Gegen die Arroganz eines etablierten Vereins gründet ein Zwölfjähriger, der neu in der Stadt ist, seine eigene Fußballmannschaft. »Teufelskicker« ist ein gelungener Jugendfilm mit bemerkenswerten Parkour-Einlagen und schlagfertigen Dialogen
Auf der Suche nach der Wahrheit: Ein Ghostwriter muss die Memoiren des britischen Ex-Premiers überarbeiten und kommt einer Intrige auf die Spur. »Der Ghostwriter« ist ein meisterhafter Polit- und Verschwörungsthriller von Roman Polanski nach einem Roman von Robert Harris
Biografisches Ghettodrama um den Kreuzberger Rapper Bushido. Trotz hoher Produktionskosten und namhaften Schauspielern ist »Zeiten ändern dich« ein unfreiwillig komisches Machwerk mit hohem Trashpotenzial
Zu turbulent geht es zu im Schmelztiegel Ajami, in dem Araber, Christen, Juden, Palästinenser und Beduinen Tür an Tür leben. Nach der siebenjährigen Vorarbeit hätte man vom Regieduo Scandar Copti und Yaron Shani eine überzeugendere Erzählstruktur und akzentuiertere Charaktere erwarten können
Sehr gut gemeinter Werbefilm für die Umstellung auf dezentrale erneuerbare Energien jetzt und weltweit, der sich leider auch filmästhetisch am Genre Werbung orientiert
Bankräuber und Marathonläufer als zwei Seiten einer Obsession – Benjamin Heisenberg verdichtet in »Der Räuber« die Geschichte eines österreichischen Verbrechers zu einer temporeichen existenzialistischen Parabel
Der Norweger Erik Poppe erzählt in »Troubled Water« mit der Wucht einer klassischen Tragödie und mit der Kunst eines raffinierten Komponisten die Geschichte vom Tod eines Kindes – und von den Folgen