Kritik zu Green Zone

© Universal Pictures

Paul Greengrass schickt Matt Damon als guten Amerikaner in den Irakkrieg. Dort muss er sich im geheimen Auftrag der CIA immer wieder fragen: Was hätte Jason Bourne jetzt wohl getan?

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Egal, ob man die »Bourne«-Filme nun mag oder nicht. Man muss dem Star/Regisseur-Duo Matt Damon und Paul Greengrass zugestehen, dass sie dem Kino so etwas wie ein eigenes Subgenre beschert haben. Ein durch einen Teilchenbeschleuniger gejagtes Actionkino, in dem Bildlängen zu Millisekunden atomisiert werden und eine »embedded« und buchstäblich mitatmende Kamera zusehends alle sortierenderen, weiteren Einstellungsgrößen ablöst und geradezu pulverisiert. Der einzige Fixpunkt, den es in diesem Alarmkino noch gibt, ist Matt Damons massiger Heldenkörper. Ein austrainiertes Vehikel für eine Mission, oder viel spannender, für eine Identitätskrise mit antikem Ausmaß. Denn wie alle tragischen, vatermordenden, eben ödipalen Helden (für Bourne ist sein Ausbilder, die CIA, an die Erzeugerstelle getreten) weiß Jason Bourne nicht, wer er ist. Ein Umstand, der den folgenden Eskalationen das Stigma des Unvermeidlichen verleiht und ziemlich schlau im Hintergrund zu aller Actionhektik einen packenden Bewusstwerdungsthriller mitlaufen lässt.

In »Green Zone«, nach dem Bestseller des Kriegsreporters Rajiv Chandrasekaran, in dem Jason Bourne Officer Roy Miller heißt, ist jedoch gleich eine nationale Erschütterung an die Stelle der Identitätskrise gerutscht. Was aus Damon den deutlich langweiligeren Träger amerikanischer Ideale macht und aus seinem Soldaten gewissermaßen einen Volkskörper, und dem zittert, anders als der Killermaschine Bourne, schon einmal der Finger am MG-Abzug.

Greengrass, der in Hollywood den Ruf hat, ein subversiver Linker zu sein, schickt seinen Officer in den Irak, um den Grund für Amerikas Kriegserklärung zu verifizieren, also um die Massenvernichtungswaffen zu finden, die Bush einst Anlass zur Mobilisierung und zum Einmarsch waren. Miller sucht in zerschossenen Industrieanlagen – eine Toilettenfabrik ist sinnfälligerweise auch dabei – und findet nichts. Wochenlang nichts. Weil er mit seinem Auftrag, niemals etwas zu finden, verständlicherweise unterfordert ist, lässt sich Miller von einem CIA-Agenten anwerben, ins wahrhafte Reich des Bösen, das heißt: des Saddam- Gefolges vorzustoßen. Die Eintrittskarte dazu muss er sich noch nicht mal erkämpfen, sie kommt in Gestalt eines guten, demokratiebereiten Irakers sogar auf ihn zu. Am Ende muss Miller nur selbst noch begreifen, dass sein Land völkerrechtswidrig in ein anderes eingefallen ist. Eine Erkenntnis, die nur kurz erschüttert wird, dann aber einen erstaunlichen Pragmatismus in Gang setzt. Nach dem Motto: Wenn man schon mal da ist, kann man wenigstens in dem ganzen Chaos mal aufräumen und für westliche Verhältnisse sorgen.

Nur einmal leistet sich »Green Zone« einen Zynismus, in dem jedoch mehr Wahrheit zu stecken scheint, als Officer Roy Miller verkraftet. Da wünscht der Rambo einer Special-Force-Einheit dem naiven Miller »noch einen schönen Krieg!« und knöpft ihm, ohne die Spiegelbrille vom Gesicht zu nehmen, brachial einen Gefangenen ab. Ganz so, als müsse Miller, das beleidigte Milchgesicht, dringend lernen, dass es keinen sauberen und gerechten Krieg gibt und die Verteilungskämpfe um die Beute hinter der Frontlinie richtig losgehen.

Millers Anliegen ist unverkennbar das des guten Amerikaners, der zu allem bereit ist, wenn es denn für ein System, eine Sache, ein Ideal ist, für das es sich auch zu kämpfen lohnt. Doch »Green Zone« schickt seinen Protagonisten nicht zur Reifung durch eine Erkenntnishölle, sondern lässt einen verwirrten Helden zurück, den die Irritation seines soldatischen Ethos nicht dran hindert, in den Aktionismus eines Retters zu verfallen. Wenn sein Einsatz auch jeder Grundlage entbehrt und mit ihm die gesamte, aufgepeitschte Öffentlichkeit belogen wurde, Millers Welt hebt das nicht grundlegend aus den Angeln. Das optische Sperrfeuer, die von Kamerabewegungen zerissenen Fassaden, der hyperventilierende Schnitt, all das macht nur halb so viel Sinn, wenn der Held zwar nicht mit seinem Präsidenten, aber mit sich selbst im Reinen ist.

Jason Bourne weiß erst nach zwei Filmen, wer er ist. Officer Roy Miller aber will gar nichts über sich erfahren. Er scheint auch bis zum Schluss nicht viel vom Wesen des Krieges zu begreifen. Aber immerhin alles über die Lüge als Massenvernichtungswaffe.

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