Streaming-Tipp: »Triple Frontier«
Endlos zieht sich die Favela an einem Hügel entlang. Ein Gewirr einfachst gebauter kleiner Häuser, deren Struktur selbst aus der Luft nicht zu durchschauen ist. Die kolumbianische Polizei geht mit Mannschaftsstärke hinein, umstellt ein Gebäude. Unter ihnen: der Berater Santiago Garcia (Oscar Isaac), ein ehemaliger US-Elitesoldat, mit seinen angegrauten Haaren auch schon in die Jahre gekommen. Sie suchen nach Drogen, stürmen das Gebäude. Die Polizei agiert selbstherrlich, ist vermutlich korrupt und exekutiert die Drogengang.
Santiago hat eine Informantin vor Ort, Yovanna (Adria Arjona), die ihm den Aufenthalt des Drogenbosses Lorea (Reynaldo Gallegos) verrät, der sein ganzes Geld in seinem Haus bunkert. Nach Lorea sucht Santiago schon lange. Und er beschließt, sein altes Team wieder zusammenzustellen, um Lorea zu ermorden und auszurauben. Keiner von ihnen hat es im Zivilleben zu irgendwas gebracht, und alle leben irgendwo im Rentnerparadies Florida. Tom Davis (Ben Affleck), der Organisator und Planer, versucht sich erfolglos als Makler, William Miller (Charlie Hunnam) arbeitet schlecht bezahlt als Instruktor bei der Army, sein Bruder Ben (Garrett Hedlund) verdingt sich als Boxamateur, und Francisco (Pedro Pascal) hat wegen eines Drogenvergehens gerade seine Lizenz als Pilot verloren.
Das Setting erinnert sicherlich ein bisschen an andere Himmelfahrtskommando- Filme wie »The Dirty Dozen« oder »The Expendables«. Aber der Zynismus der noch älteren Herrn um Sylvester Stallone und deren Metzeleien Schlag auf Schlag sind »Triple Frontier« fremd. Der Film ist epischer, skeptischer, selbstreflexiver – und analytischer. J. C. Chandor hat »Margin Call« inszeniert, eine fulminante frühe Beschreibung der Finanzkrise.
Natürlich läuft der Einbruch schief; die Männer finden Lorea nicht und das Geld erst spät. Als dann Loreas Schergen wiederkommen, zeigt sich in den Gefechten, dass die fünf die Tötungsmaschinen geblieben sind, die sie einmal waren. Und dass die Gier die ehemaligen Elitesoldaten antreibt, die ja schließlich nicht für ihr Land, sondern auf eigene Rechnung arbeiten. Die zweite Hälfte des Films besteht aus der Flucht im Dreiländereck von Brasilen, Peru und Kolumbien – mit 250 Millionen erbeuteten Dollars, durch den Dschungel und über die Anden. Es ist auch eine Reise ins Innere der Figuren, die sich streiten, etwa über die moralischen Fragen ihres Tuns.
»Triple Frontier« ist ein Projekt aus dem Jahr 2010, ursprünglich sollte es Kathryn Bigelow inszenieren, ihr Stammautor Mark Boal hat das erste Drehbuch geschrieben. Die Liste der Darsteller, die mitspielen sollten, ist lang. 2017 hat das Studio Paramount die Rechte an Netflix vergeben – eines der vielen gescheiterten Projekte, die der Streamingdienst übernahm. Aber das merkt man dem Film nicht an.
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