Kritik zu Outside the Box
Vier Mitarbeiter einer Consultingfirma müssen ihre Führungsqualitäten bei einem kameraüberwachten Überlebenstraining in freier Wildbahn unter Beweis stellen. Satire über die Absurditäten in der modernen Dienstleistungskultur
Wer es in der Leistungsgesellschaft zu etwas bringen will, befindet sich im Krieg. Und hier ist bekanntlich alles erlaubt. Basierend auf dieser Grundidee, hat sich Philip Koch an einer Komödie über ein extravagantes Managerseminar versucht. Vier Mitarbeiter einer Consultingfirma werden zu einer Freiluftübung in die Südtiroler Alpen geschickt. Ein Typ in Militäruniform sammelt die Smartphones ein und lässt seine Kandidaten psychologische Stresssituationen unter simulierten Ernstfallbedingungen durchspielen. Als zwei maskierte Bewaffnete die Gruppe als Geisel nehmen, stellt sich die bange Frage: Gehört das noch zum Spiel?
In dem surrealen Thriller »eXistenZ« führte diese Ausgangssituation zu absurden Verwicklungen, in denen sich die Grenze zwischen Fiktion und Realität vollends verwischte. Wir befinden uns aber nicht in einem Film von David Cronenberg, sondern in einem Kleinen Fernsehspiel. Nichts gegen die verdienstvolle Abteilung des ZDF, die Filme von Derek Jarman und Jim Jarmusch ermöglichte. Philip Kochs Pfadfinderdrama zählt aber nicht zu diesen Perlen.
Die Komödie über ein aus dem Ruder laufendes Outdoor-Firmenevent ist viel zu durchsichtig. Schon früh ist klar, dass die auf TV-Ästhetik runtergebrochenen »Hungerspiele« mit Kameras überwacht werden. Via Monitor verfolgt der zynische Firmenchef Bickstein (Hanns Zischler), wie seine Untergebenen sich gegenseitig fertigmachen. Die geladenen Pressevertreter sind von diesem Big-Brother-Dschungelcamp auch nicht begeistert. Hellhörig werden die Journalisten erst, als das Spiel in blutigen Ernst umzukippen scheint. Aus Angst davor, dass sein Menschenexperiment in der Presse verrissen wird, belügt Bickstein die Reporter: Die Eskalation sei Teil des Spiels. Mit dieser enttäuschenden Wendung verschenkt die Komödie ihr Potenzial. Hätte die Presse das wörtlich genommene survival of the fittest als Innovation in der effektiven Mitarbeiterbewertung bejubelt, so hätte der Film vielleicht satirische Nadelstiche gegen den sozialdarwinistischen Zynismus moderner Unternehmenskultur setzen können.
»Outside the Box« lautet der Titel in Anspielung an einen küchenpsychologischen Business-Anglizismus. Um ein Problem zu lösen, muss man es »von außen« betrachten. Diesen Perspektivwechsel schafft der holprig inszenierte Film nicht. Er will ein Zerrspiegel der Arbeitswelt sein, aber die Figuren dieses fiktiven Spiels werden nie in ihrer tatsächlichen Verletzlichkeit glaubhaft. Sinnbild für dieses Defizit sind die drei weiblichen Charaktere. Eine der Frauen ist schwanger, die andere sorgt für menschliche Impulse und die dritte muss sich wider Willen mehrmals dem Firmenchef hingeben, dem am Ende der Dialogsatz bleibt: »Wenigstens habe ich sie zweimal gevögelt.« Wer sich schon in Johannes Nabers »Zeit der Kannibalen« langweilte, sollte sich diesmal einen doppelten Espresso gönnen. »Outside the Box« dauert zwar nur 85 Minuten, doch die fühlen sich deutlich länger an.
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