06/2008

In diesem Heft

Meldung

»Oops! I did it again«, könnte Michael Haneke sagen. Wenn er so was sagen würde. Der Österreicher, der seit zwanzig Jahren zu den wichtigen Autorenfilmern Europas gehört, hat seinen Anti-Thriller Funny Games wiederverfilmt. Zum ersten Mal drehte der Regisseur mit englischsprachigen Schauspielern in den USA - Unsere Autorin Yvonne Götzmann traf Michael Haneke in Berlin

Filmkritik

Alles wie gehabt: Hanekes Remake seines eigenen Films aus dem Jahr 1997 funktioniert so überraschend wie konsequent
Jonas Grosches Porträt des Ex-Terroristen Christof Wackernagel, der im westafrikanischen Mali seine neue Heimat gefunden hat, ist distanzlos und unkritisch: als Zeitdokument authentisch, als Dokumentation aber problematisch
Ironisch-amüsante Schilderung einer Kindheit in Solingen, die von 68er-Eltern geprägt ist. Sie bleibt allerdings im Anekdotischen hängen und kann weder in die persönlich-familiäre noch in die gesellschaftliche Dimension hinreichend eindringen
Wenn die Ex und ihr neuer Lover ihre Ferien im gleichen Hotel verbringen: nach »Superbad« und »Beim ersten Mal« kommt nun eine weitere, bittersüße Komödie von der Apatow-Gang in die Kinos
In einem Balanceakt spielen Steve Buscemi und Sienna Miller in dem gelungenen Remake »Interview« die Kräfteverhältnisse zwischen einem abgehalfterten Politikjournalisten und einem schönen Glamour Girl durch
Ein alkoholkranker Auftragskiller macht auf Geheiß seines Bosses eine Entziehungskur – die Gelegenheit für die Konkurrenz in Buffalo, die Geschäfte zu übernehmen. »You Kill Me« ist eine amüsante, aber durchschnittliche Krimikomödie. Herausragend: Ben Kingsley
Inspiriert vom größten Bankraub Englands, der sich 1971 in London abspielte, ist »Bank Job« ein klassischer Thriller, der durch das komplexe Gegen- und Miteinander verschiedener Parteien besticht: Die Einbrecher sind unwissentlich nur Handlanger des britischen Geheimdienstes, der den Ruf eines Mitglieds der königlichen Familie schützen will
Regisseur Terry George schildert die Versuche dreier Menschen, einen Schock zu bewältigen. Ethan und Grace haben ihren Sohn bei einem Unfall mit Fahrerflucht verloren, Dwight war der Fahrer. Am Ende leidet »Ein einziger Augenblick« unter der arg konstruierten Geschichte
Der libanesische Slacker Toufic gerät mit einem Autofahrer aneinander und will sich rächen. Seine nächtliche Odyssee durch Beirut wird zum hypnotischen Stimmungsbild einer mediterranen Stadt, in der eine kaum mehr zu bändigende Gewalt lauert
Der österreichische Dokumentarist Udo Maurer untersucht in Bangladesh, Kenia und Zentralasien den Umgang mit Wasser, das durch die Klimaveränderung, durch radikale Eingriffe in die Natur und vor allem durch eine zunehmend kommerziell bedingte Verknappung zur Mangelware zu werden droht. Beeindruckend präziser Dokumentarfilm
Komödie um die Anfänge des Profi-Footballs in den USA. George Clooney versucht sich als Regisseur und Hauptdarsteller, mit Renée Zellweger als Partnerin, in einem Mix aus Screwball-Romanze und Football-Slapstick, wobei er den Slapstick verstolpert, aber der Romanze doch Charme verleihen kann
Die Wachowskis spielen Matchboxrennen mit Computern und schlechtem Geschmack. Das ist zwar laut, bunt und schnell, aber trotzdem langweilig: »Speed Racer«
Regisseur Errol Morris versucht, den Hintergründen der Fotografien misshandelter und entwürdigter irakischer Gefangener aus dem Bagdader Abu-Ghraib-Gefängnis auf die Spur zu kommen. Er scheitert aber an »effektvoll« nachgestellten Folterszenen
Giuseppe Tornatore, der sich vor 20 Jahren mit »Cinema Paradiso« vorstellte, wendet sich dem Thrillergenre zu. Mit kolportagehaftem Elan erzählt er in »Die Unbekannte« die Geschichte einer ehemaligen Prostituierten aus der Ukraine, die in einer norditalienischen Stadt ihr gestohlenes Leben zurückgewinnen will
Kann man Kino-Magie konservieren? In diesem Fall hat das leider nicht geklappt. Der bekannteste Abenteurer der Galaxis kommt zurück mit vorsehbaren In-Jokes, einem selbst für Pulp-Produkte dämlichen Plot und überflüssigen Digitaleffekten
Der Italo-Türke Ferzan Ozpetek hat ein prointegratives Feel-Good-Movie über einen Todesfall unter Freunden gemacht – ein Stück zu konventionell, um wirklich zu berühren. Trotzdem: man wünscht sich, die modernen Alternativen zur traditionellen Familie wären so: bunt zusammengesetzt aus schwul, bi und hetero, italienisch und türkisch
Trotz Starbesetzung und aufwühlendem Thema gelingt es der dänischen Regisseurin Susanne Bier nicht, in ihrem ersten in den USA gedrehten Film an die emotionale Dichte ihrer Erfolge »Open Hearts« und »Nach der Hochzeit« anzuknüpfen
Eine Highschool-Komödie aus der prozac nation. Der reiche, junge Titelheld Charlie Bartlett kuriert Mitschüler mit Psychopharmaka und gutem Willen. Nicht immer gelungener Mix aus Skurrilität und Feel-Good-Atmosphäre. In Nebenrollen glänzen Hope Davis und Robert Downey Jr. als hinreißende Neurotiker
Im Österreich der 20er Jahre wird ein Jude aus Antisemitismus des Vatermordes angeklagt. Die wahre Geschichte des späteren Starfotografen Phillip Halsman wird auf biederem TV-Niveau aufgearbeitet und verschenkt
Biopic mit Hindernissen: Thomas Roth versucht, der Künstlichkeit der Bühnenfigur Falco gerecht zu werden, und rutscht dabei etwas ins Klischee ab. Doch erliegt er nicht der Versuchung, den Fans ein Heldenbild zu liefern
Vier Jahre nach dem Ende der Serie dürfen sich die Fans auf ein vergnügliches Comeback ihrer Heldinnen freuen, in einem Film, der auf die bewährte Masche setzt, aber trotz Holprigkeiten auf dem Weg zum vorhersehbaren Ziel durchaus unterhaltsam ist
Das bildgewaltige Kriegsdrama über die sowjetische Invasion Afghanistans schildert realistisch und bewegend die Geschichte eines russischen Soldaten, der in Gefangenschaft gerät. Durch die blauäugige und ideologisch einseitige Darstellung der Mudschaheddin verliert der Film jedoch zunehmend seine anfängliche Präzision und Intensität
Das Porträt einer unheilbaren Alkoholikerin, die in eine Kindesentführung verwickelt wird. Ein Roadmovie, das nach Windungen in Mexiko endet. Unbedingt sehenswert in »Julia« ist Tilda Swinton. Zum Filmende hin eine unentschiedene Regie von Erick Zonca
Sind wir dem Schicksal ausgeliefert? Woody Allens Film »Cassandras Traum« spielt mit dem scheinbar Unvermeidlichen und variiert die zum Weinen komische Weisheit um die Prophezeiung über den Untergang Trojas
Fast altmodisch sorgfältig, erhellend und auch schön: ein seltener dokumentarischer Glücksfall über bengalische Arbeiter, die Schiffwracks mit bloßen Händen zerlegen: »Eisenfresser«

Film