Kritik zu Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

© Capelight Pictures

Bill Murray lässt grüßen: Verfilmung des gleichnamigen Jugendromans über eine verwöhnte Teenagerin, die den letzten Tag ihres Lebens immer wieder durchlebt

Bewertung: 2
Leserbewertung
5
5 (Stimmen: 1)

Die Grundidee von »Before I Fall« (so der Originaltitel) hat durchaus ihren Reiz. Der Existenzialismus von »Und täglich grüßt das Murmeltier« trifft da auf das blasiert-boshafte Teenage-Milieu von »Mean Girls« und »Clueless«. Und eine Weile sieht es so aus, als könnte das prima funktionieren. Es geht um die hübsche Teenagerin Sam (sehr gut: Newcomerin Zoey Deutch), die mit ihren wohlhabenden Eltern an der rauen Küste des Pazifischen Nordwestens lebt. Mit ihren drei ebenso hübschen und ebenso wohlhabenden besten Freundinnen bildet sie an der High-School so etwas wie die Zickenelite. Der bösartige Spott der Clique gilt den Außenseitern und den hässlichen Entlein der Schule. Bis die vier Gören bei einem nächtlichen Autounfall ums Leben kommen – und Sam genau in diesem Moment wieder morgens in ihrem Bett erwacht. Fortan erlebt sie den letzten Tag ihres Lebens wieder und wieder. Aber egal was sie tut, er endet immer gleich.

Beim Aufbau dieser Situation hat der Film seine stärksten Momente. Die Regisseurin Ry Russo-Young zeichnet das bürgerliche Milieu ihrer Protagonistin mit einer sanften Stilisierung und die dünn besiedelte Heimatregion der Mädchen als kargen, aber auch überweltlich anmutenden Ort – Sam und ihre Freundinnen scheinen in einer Art Traumwelt zu leben, in der die Gefühle anderer Menschen bedeutungslos sind. Zugleich porträtiert Russo-Young die vier Teenagerinnen nicht als Hassobjekte, sondern gibt jeder von ihnen mit geschickt gesetzten Akzenten eine Persönlichkeit (leider macht der Film nichts aus der auffallend multiethnischen Zusammensetzung des Quartetts).

Auch das Wiederholungsmotiv wirkt zunächst stimmig. Wie einst Bill Murray ist Sam gefangen in einer Provinzhöllenendlosschleife – eine Art popkulturelle Version von Nietzsches Philosophie der »Ewigen Wiederkunft«. Die Grundfragen nach dem Sinn des Lebens bleiben dabei die gleichen, nur die Zielgruppe ist eine andere: »Before I Fall« hat es auf eine sinnstiftende Wirkung bei modernen Teenagern abgesehen. Hat das zu Beginn noch einen gewissen Humor, wenn etwa Sam sich an einem der Wiederholungstage provozierend sexy gebärdet, geht die Atmosphäre zunehmend in Richtung Melodram und Mystery. Und damit beginnen die Probleme. Wo »Mean Girls« und »Murmeltier« aus bissiger Satire und Boulevardhumor einen wahrhaftigen Blick auf das Leben destillierten, trägt »Before I Fall« seine vermeintliche Tiefgründigkeit mit bierernstem Gestus vor sich her. Die Ideen und Weisheiten drückt Russo-Young uns in plumper Symbolik aufs Auge, wenn sie nicht gleich in Sams Off-Erzählungen ausbuchstabiert werden. Durch diesen hochtrabenden Gestus wirkt die finale Botschaft von Aufrichtigkeit und Nächstenliebe umso trivialer. Dass »Before I Fall« auf einem Jugendroman basiert, kann keine Erklärung für diese moralische Schlichtheit sein. Die größte Ironie besteht am Ende darin, dass der Film genauso holprig und prätentiös wirkt wie sein deutscher Titel.

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