Kritik zu Weil ich schöner bin
Zwischen Abschiebedrama und Teenagerfilm: Frieder Schlaich erzählt nach einem wahren Fall von der prekären Existenz eines Mädchens und ihrer Mutter als »Illegale« in Berlin
Wenn es an der Tür klingelt, dann muss Charo muckmäuschenstill sein. Die junge Kolumbianerin lebt mit ihrer Mutter Inés, ihrer Tante und deren kleinem Sohn illegal in Berlin. Eine befreundete Anwältin vermittelt ihnen immer wieder Unterkünfte in leerstehenden Wohnungen. Man schummelt sich so durch, das funktioniert mehr schlecht als recht. Dementsprechend ist Charos Mutter nicht wirklich angekommen, sie spricht schlecht Deutsch und hat permanent Angst vor der Polizei. Diese Befürchtung ignoriert Charo demonstrativ. Wie selbstverständlich streunt sie über den Kiez und zwinkert in der Schule den Jungs zu.
Die anrührende Geschichte dieses 13-jährigen Teenagers, die Frieder Schlaich nach einem Buch von Claudia Schaefer inszenierte, basiert auf einer wahren Begebenheit. Der Regisseur knüpft an seinen Spielfilm Otomo an, in dem er das tragische Schicksal eines schwarzafrikanischen Langzeitasylbewerbers erzählte, der im August 1989 die Stuttgarter Öffentlichkeit aufschreckte. Authentizität ist aber diesmal nicht das vordringliche Anliegen dieser streckenweise recht liebenswürdig erzählten Geschichte. Um dem Thema die bleierne Schwere zu nehmen, verpackt Schlaich das bedrückende Abschiebedrama als Teenagerfilm. Charo verhält sich wie ein typisches Girlie, sie spielt ihren Bekannten überzeugend vor, dass alles normal ist. »Lass uns zu dir gehen«, sagt ihre beste Freundin Laura, die zunächst nicht ahnt, dass Charo im Untergrund lebt. »Nee, lieber zu Karstadt«, wiegelt diese ab. Scheinbar unbeschwert hängen die beiden Mädchen miteinander rum und kommen mitten in der Nacht auf die glorreiche Idee: »Lass uns die Jungs anrufen!« Die steigen kurz darauf mit der Leiter den Balkon hinauf: Solche Momente erzeugen beim Betrachter ein gerührtes Schmunzeln. Nett anzusehen ist auch die Entführung eines Kaninchens aus der Zooabteilung des Kaufhauses, die als Wildwest-Comic visuell aufgepeppt wird.
Doch dann kommt es, wie es kommen muss: Die Mutter wird von der Polizei aufgegriffen und muss mit der Tochter zurück nach Kolumbien. Dieses Drama geht nicht unter die Haut, weil die Dramaturgie sich in zu viele Nebenstränge verfranst. Neben der überzeugenden Mariangel Böhnke als Charo und der schlaksigen Mira Aring in der Rolle ihrer Freundin bleiben die Nebenfiguren fast alle unscharf. Die Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Tochter werden ebenso einfallslos geschildert wie der Besuch beim Rabenvater, der seine Tochter abblitzen lässt. Lavinia Wilson spielt eine hilfsbereite Anwältin, deren Motivation nicht greifbar ist. Kameramann Benedict Neuenfels beweist zwar ein Gespür für Schauplätze und Atmosphären. Dennoch kann die insgesamt recht bieder abgefilmte Geschichte das Kinoformat nicht wirklich ausfüllen. Weil ich schöner bin ist ein gefühltes »Kleines Fernsehspiel«.
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