Kritik zu Traumnovelle

© Barnsteiner Film

Wie Stanley Kubrick verlegt auch der deutsche Regisseur Florian Frerichs seine Adaption nach Arthur Schnitzler in die Gegenwart. Nikolai Kinski spielt einen Arzt in Berlin, der nach erotischer ­Erfüllung Ausschau hält

 

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Als Stanley Kubrick mit »Eyes Wide Shut« Ende der 1990er-Jahre Arthur Schnitzlers »Traumnovelle« verfilmte, war das nicht nur sein letzter und ein kontrovers rezipierter Film, er elektrisierte auch mit der Erotik von Tom Cruise und insbesondere von Nicole Kidman, die damals noch ein Paar waren. Kubrick hatte die Handlung in das New York der Gegenwart verlegt. Nun siedelt der deutsche Filmemacher Florian Frerichs seine Interpretation des Stoffes aus dem Jahr 1925 in Berlin und ebenfalls in der Gegenwart an. 

Die Leidenschaft in der Beziehung zwischen dem Arzt Jacob (Nikolai Kinski) und seiner Frau Amelia (Laurine Price) ist verflogen. Sie führen ein wohlsituiertes Leben mit ihrem Kind Henny (Casimir Teuffel von Birkensee). Um wieder Schwung in ihr Liebesleben zu bringen, besuchen sie einen Club, in dem sie jeweils auf sexuelle Avancen Fremder eingehen – und tatsächlich schlafen sie wieder miteinander. Doch anschließend erzählt Amelia von ihren sexuellen Fantasien, die sich nach einer Begegnung in einem Dänemarkurlaub entwickelt haben. Auch Jacob erzählt, wie angezogen er damals von einer jungen nackten Frau am Pool war. Das Gespräch verläuft nüchtern, der Dialog, von dem es noch weitere geben wird, wirkt gestelzt und bleibt vor allem folgenlos. 

In derselben Nacht wird Jacob zu einem sterbenden Patienten gerufen. Als er eintrifft, ist er tot, doch die Tochter (Nike Martens) gesteht Jacob ihre tiefe Liebe. Jacob weist sie zurück, und da taucht auch schon ihr Verlobter, der erfolgreiche Professor Roediger (Rodney Charles), auf. Anschließend streunt Jacob durch das nächtliche Berlin, lässt sich von einer Pros­tituierten aufgabeln, trifft mit dem Klavierspieler Nachtigall (Bruno Eyron) einen alten Bekannten, der ihm von einer Orgie erzählt. Für die muss sich Jacob noch eine Maske und einen Umgang besorgen, den er bei einem zwielichtigen Kostümverleiher (Detlev Buck) bekommt. 

Und so arbeitet sich Frerichs an den sieben anekdotischen Kapiteln der literarischen Vorlage entlang, allerdings sind Ort und Zeit kaum greifbar, die Erotik bleibt Behauptung. Frerichs ergründet auch keine eigenen, neuen Ebenen. In seiner Bildsprache bleibt er uneindeutig, versucht, Traumsequenzen zu erschaffen, ohne dass diese jedoch tatsächlich einen Sog entwickeln.

Auf seinen Wegen durch das nächtliche und größtenteils menschenleere Berlin stöpselt sich Jacob immer wieder Kopfhörer in die Ohren und lauscht Verdis Oper »Maskenball«, in der er sich plötzlich als Darsteller im historischen Kostüm wiederfindet. Eine der vielen Anspielungen auf die Maskeraden, in die sich Jacob flüchtet. Das ist alles wenig subtil. Jede Szene, jeder Dialog ist von einer Bedeutungsschwere getragen, die sich dann gar nicht erfüllt. Traumwandlerisch und doch teilnahmslos bewegt sich Kinski durch die Szenerie. Ein inneres Ringen, eine Verzweiflung, eine ekstatische Suche fehlt in seinem Spiel. So bleibt Frerichs' »Traumnovelle« seltsam blutleer. 

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