Kritik zu Touch

© Universal Pictures

Voller Sinnlichkeit und mit sanftem Witz erzählt Baltasar Kormákur von vererbten Traumata und einer großen Liebe

Bewertung: 3
Leserbewertung
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Das behutsame Schneiden von Gemüse, das liebevolle Abschmecken, die sorgsame Auswahl der Zutaten – Essen und seine Zubereitung ist eine beliebte Kulisse, eine Metapher für Sinnlichkeit und das vorsichtige Herantänzeln zweier Verliebter. Auch der isländische Regisseur Baltasar Kormákur erzählt einen Großteil seines Dramas »Touch« in der Küche und dem idyllischen Hinterhof eines japanischen Restaurants in London. Darin geht es jedoch nicht nur um eine lebenslange Liebe, sondern auch um vererbte Traumata. Beides verwebt Kormákur sehr zart, sinnlich-melancholisch und streift dabei nur ganz selten den Kitsch.

Wegen des Ausbruchs der Corona-Pandemie muss der gerade verwitwete Kristófer (Egill Ólafsson) sein Restaurant in Island schließen. Als er in alten Sachen kramt, stößt er auf ein Stück, das ihn an seine Jugendliebe Miko (Kōki) erinnert. Sie war die Tochter seines Chefs in dem japanischen Restaurant, wo er erst als Tellerwäscher und dann als Koch arbeitete, nachdem er aus Frust am Establishment eine renommierte Uni verlassen hatte. Es waren die 1970er-Jahre. Miko und Kristófer (Palmi Kormákur) verbringen eine kurze, leidenschaftliche und sehr vertraute Zeit, bis Miko und ihr Vater eines Tages ohne eine Erklärung spurlos nach Japan verschwinden.

Nun, 50 Jahre später will Kristófer herausfinden, was damals geschehen ist. Auch weil ihm sein Arzt – wohl wegen einer einsetzenden Demenz – rät, im Leben unerledigte Dinge anzugehen – ein Aspekt, den der Film später nie wieder so recht aufgreift. Also reist der brummige Kristófer nach London, um Miko zu suchen. Das einstige Restaurant ist inzwischen ein Tattoo-Studio. Sein Hotel drängt ihn irgendwann, endlich auszuchecken, weil es wegen der Pandemie schließen muss. Und so führt ihn sein Weg irgendwann nach Japan – zu Miko (Yoko Narahashi).

In Rückblenden erzählt Kormákur nach dem gleichnamigen Roman von Ólafur Jóhann Ólafsson, wie der junge Isländer in London die japanische Küche und die selbstbewusste Miko kennenlernt und sie gemeinsam die Liebe und das Leben entdecken. In Bilder mit reichlich Retro-Charme gießt er diese Geschichte; man folgt dem verliebten, ernsthaften jungen Paar gern. Ebenso wie dem alten Kristófer, wie er sich mutig und altersstarrsinnig auf die Suche macht. Das hat oft auch einen ganz feinen Witz.

Zusätzliche Tiefe bekommt die rührende Liebesgeschichte, als der junge Kristófer erfährt, dass Mikos Vater aus Hiroshima nach London gekommen und seine Frau, Mikos Mutter, an den Folgen des Atombombenangriffs gestorben war. Miko ist ein »Atomic Bomb Suvivor«, eine Überlebende der Atombombe; auch wenn sie den Abwurf nicht selbst miterlebt hat, bestimmte er dennoch ihr Leben. 

Mikos dramatisches Schicksal hat auch Kristófers Leben maßgeblich beeinflusst. Doch der Film zieht melancholische Sanftheit den tragischen Tönen vor. »Touch« ist ein wunderbarer Liebesfilm, ein modernes Märchen mit einem Happy End ganz ohne Bitterkeit für Miko und Kristofer nach 50 Jahren.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt