Kritik zu The Stepfather
Remake eines »Familienfilms« der anderen Art: Der nette neue Daddy ist ein mordend durch die Lande ziehender Psychopath
Joseph Rubens Psychothriller »The Stepfather« aus dem Jahr 1986 ist eine kleine, böse funkelnde Perle des Genres, ein amerikanischer Alptraum. Terry O'Quinn brilliert darin als Psychopath, der vom perfekten Familienidyll so besessen ist, dass jede Enttäuschung seiner übersteigerten Ansprüche zu einem Blutbad führt. Wie auf der Suche nach dem heiligen Gral zieht er von Stadt zu Stadt und schleicht sich als scheinbar makelloser Daddy in vaterlose Familien ein – bis wieder etwas schiefgeht.
Auch dieser Klassiker ist dem Recycling also nicht entgangen: Einen hervorragenden Hauptdarsteller hat Nelson McCormicks »Stepfather« ebenfalls; Dylan Walsh (»Nip/Tuck«) gibt eine zwischen Nettigkeit, unterdrückter Wut und Eiseskälte schillernde Vorstellung. Und wem es auf die Nerven geht, wie selbstverständlich die meisten Hollywoodfilme am perfekten Kleinfamilienidyll basteln, mag sich über die Wiederkehr dieses bissig-subversiven Stoffes freuen. Wären ihm nur nicht die Zähne ausgefallen.
Die Handlung hält sich in groben Zügen an das von Donald Westlake glänzend geschriebene Original: Der Stepfather verlässt eine gemeuchelte Familie und erschleicht sich in einer anderen Stadt das Vertrauen der frisch geschiedenen Susan (Sela Ward). Bald zieht er bei ihr und ihrem kleinen Sohn ein, und es wird geheiratet. Misstrauisch ist nur der ältere Sohn Michael (zu glatt: Penn Badgley), der von der Militärschule zurückkehrt und schon länger »Anpassungsprobleme« hat. Dem fallen mehr und mehr Seltsamkeiten an dem glatten Typen auf, von dessen Vergangenheit wenig bekannt ist.
Es ist eine von mehreren unverständlichen Entscheidungen, dass die Tochter des Originals hier durch einen Sohn ersetzt wurde, denn manch spannender Aspekt einer (Stief-)Vater-Tochter-Beziehung geht dadurch verloren. Aus der neuen, quasiödipalen Konstellation jedenfalls holt der Film nicht viel heraus. Stattdessen hat Michael nun eine sehr hübsche und meist Bikini tragende Freundin, gespielt von Amber Heard (»All the Boys Love Mandy Lane«). Die darf leider nicht viel mehr als attraktiv sein und ein paar Stichworte für die Investigationen Michaels geben. Und dann gibt es noch einige Nebenfiguren, die meist auch keine größere Funktion haben, außer sterben zu müssen: der echte Vater, ein paar Nachbarn und Freunde. Wenn es auf den Bodycount ankäme, wäre das Remake dem Original eindeutig überlegen.
Von dessen satirischer Schärfe und innerer Spannung bleibt hier jedoch nur ein Abglanz. Was womöglich als Aktualisierung des Stoffes gedacht war, wirkt vor allem als Glättung – und als Anbiederung an ein jugendliches Publikum. Unangenehm sind vor allem die gefälligen Popsongs, die sinn- und ziellos über den Film verteilt sind. Und dass das Remake das blutige Treiben des Stiefvaters weitgehend unblutig darstellt, scheint vor allem dem Schielen auf die PG-13-Freigabe in den USA geschuldet. Statt der Dekonstruktion von Bigotterie und Harmoniesucht: leidlich spannendes und stets konsensfähiges Handwerk.
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