Kritik zu Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis
Anton Corbijns Dokumentarfilm über die legendäre Grafikdesign-Agentur, die mit ihrer Plattencover-Kunst Geschichte geschrieben hat
Pink Floyds vieldeutig sehnsuchtsvoller Hit »Wish You Were Here« erklingt zu den Schlussbildern des Films, die an den Anfang anschließen und einen gealterten Aubrey Powell zeigen, wie er eine Hipgnosis-Mappe durch die Gegend trägt. Er hat gerade offenbart, dass er zwölf Jahre nicht mit seinem besten Freund und Partner Storm Thorgerson gesprochen hat, dass seine Firma in dem Wandel der Popgeschichte zerbrach und dass ihm heute alles wie ein wunderbarer, bunter Traum vorkommt. Und zwischen den bedächtigen Bildern zu Beginn und zum Schluss liegt eine Quadratur des Kreises, wie sie in der Geschichte selten ist.
Anton Corbijn ist ein erstaunlicher Meister der Bilder. Ob nun in seinen Spielfilmen, »Control«, »The American« oder »A Most Wanted Man«, seinen unendlich vielen Musikvideos für Joy Division, Depeche Mode, Echo and the Bunnymen oder Nick Cave, oder bei seinen Fotos und Albumcovers – immer ist es ein persönlicher Stil. Nicht so überbordend wie bei Hipgnosis selbst, aber doch sehr bewusst und einzigartig. Und das zeichnet auch diesen Film aus.
Mit Zurückhaltung lässt er zunächst Roger Waters, David Gilmour oder Jimmy Page zu Wort kommen, spricht ausgiebig mit Aubrey Powell und nutzt Archivaufnahmen von Storm Thorgerson, um die Geschichte einer »Band« zu erzählen, die nicht einen einzigen Song aufnahm und doch am Erfolg so vieler Platten beteiligt war, dass es Mühe macht, sie alle aufzuzählen. Zu ihrer Hochzeit Ende der 70er Jahre waren es zwei Cover im Monat, die auf das Konto der Grafikdesign-Agentur Hipgnosis zurückgingen. Und oft war das Alben-Design aufwendiger als die Aufnahme der Musik.
Der Name übrigens, so Aubrey Powell, geht auf Syd Barrett von Pink Floyd zurück, der ihn auf die nagelneue weiße Wohnungstür der beiden geschrieben haben soll. Wie dem auch sei, Storm verliebte sich sofort in die Mischung aus Hip und Gnosis, dem Urwissen einer psychedelischen Hippiekultur. Und mit diesem Selbstbewusstsein entwarf er Plattencover, die Musikgeschichte geschrieben haben. Das erste davon war Pink Floyds »A Saucerful of Secrets«. Auch Lulubelle III., die Kuh auf dem Cover von »Atom Heart Mother«, das Ohr von Storm auf »Meddle«, oder das Schaf auf der Couch auf »Look Hear?« von 10cc gehen auf Hipgnosis zurück. Für letzteres Foto, das kaum ein paar Zentimeter groß ist, flog Powell nach Hawaii, ließ eine Couch bauen und entführte ein Schaf aus der Universität. Wenn man das weiß, ergibt die Frage, die das Plattencover stellt – »Are You Normal?« –, ganz neuen Sinn.
Und so ist dieser Film voll von kleinen Geschichten und großen Werken der Musikgeschichte, erzählt von einem, der sich in derselben Szene bewegt und vertraut mit den Protagonisten plaudern kann. Und dann merkt man, wie seine schüchtern anmutende Schwarz-Weiß-Ästhetik die unterschiedlichen Bilder zu einem großen Ganzen verbindet und einen Film entstehen lässt, der keinerlei Brüche aufweist. Und das ist bei einem Film aus der Zeit der Hippie-Revolution eine große Leistung.
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