Kritik zu Sex and the City 2
Von New York nach Abu Dhabi, vom Jahrmarkt der Eitelkeiten zum Basar mit Verschleierungsgebot und von spitzzüngiger Selbstironie zur biederen Unterhaltung für ältere Damen – so in etwa verläuft die Reise von der Serie zum zweiten Kinofilm
Sechs Staffeln lang haben die Anwältin Miranda (Cynthia Nixon), die PR-Agentin Samantha (Kim Cattrall), die Galeristin Charlotte (Kristin Davis) und die Kolumnistin Carrie (Sarah Jessica Parker) das Leben und die Liebe als endlosen Laufsteg zelebriert. Als sie sich dann im ersten Kinofilm weitgehend auf einen einzigen Mann festgelegt hatten, büßten sie damit zugleich ihre Bestimmung ein – was jetzt vor allem Carrie zu spüren bekommt. Berühmt geworden mit einer Kolumne über das Singledasein, schlingert sie im verheirateten Zustand notwendigerweise in die Sinnkrise, während die beiden Mütter Miranda und Charlotte mit Kinderstress laborieren und die notorisch nymphomane Samantha mit allen nur erdenklichen Mittelchen gegen die Wechseljahre ankämpft. Ganz nebenbei, im oberflächlichen Small-Talk-Duktus, streift der Film die Wirklichkeit des Alterns, der Bankenkrise, der Beziehungsmüdigkeit, des muslimischen Fundamentalismus, ohne es mit dem Realismus freilich allzu ernst zu nehmen: Wenn Charlotte als Abziehbild einer Supermom mit ihren beiden Töchtern in industriellem Maßstab Muffins backt, dann echauffiert sie sich allen Ernstes darüber, dass ihr schneeweißes Vintage-Valentino-Kostüm mit rotem Zuckerguss beschmutzt wird.
Natürlich muss es für Regisseur Michael Patrick King, der die vier im Serienformat etabliert und dann zur Leinwandgröße aufgeblasen hat, in erster Linie darum gehen, das Karussell der Schauwerte in Bewegung zu halten. Das heißt, statt auf den Höhepunkt einer Märchenhochzeit zuzulaufen wie in Part 1, werden die vier Damen von einem Scheich ins Märchenland der arabischen Nächte eingeladen, wo die Luxuslatte noch um einiges höher liegt als im Big Apple.
Nun war obszöner Reichtum schon immer der größte Feind des wahren Stils. Patricia Field, die immerhin für die Kostüme von »Der Teufel trägt Prada« für einen Oscar nominiert wurde, scheint hier von allen guten Geschmacksgeistern verlassen zu sein. Man sehnt sich während der langen 146 Minuten von »Sex And The City 2« nach den Zeiten, in denen Modeschöpfer wie Givenchy, Yves Saint Laurent oder Armani einzelnen Filmen noch echte Klasse verliehen haben.
Miranda ist die Einzige, die sich neugierig und euphorisch auf die neue Umgebung einlässt und zur Belohnung in weich fließenden und leicht wehenden Stoffen erblühen darf, die jene perfekte Gratwanderung zwischen New Yorker Stil und arabischen Temperaturen und Moralvorstellungen darstellt, die man dem ganzen Film gewünscht hätte. Im Streben nach immer neuen visuellen Überraschungen bleiben Eleganz und Glamour auf der Strecke, von der Geschichte ganz zu schweigen: Während große Modeschöpfer wie Alexander McQueen auf ihren Schauen längst Geschichten erzählen, legen es Michael Patrick King und sein Team dagegen darauf an, dem Kino systematisch jeden Plot auszutreiben. Was womöglich verzeihlich wäre, wenn das Ergebnis nicht so schrecklich bieder, langatmig und schwerfällig wäre, ohne Schwung, ohne Esprit, ohne Witz, ohne Biss und ohne Charme, und ohne die Selbstironie, mit der die Serie berühmt geworden ist.
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