Kritik zu Milos Forman – What Doesn't Kill You
Im Dokumentarfilm von Miroslav Smidmajer erzählt größtenteils Milos Forman selbst Anekdoten aus seinem Leben und aus seiner Karriere als Filmemacher
Heute ist es üblich, dass man Filmemacher mit ihren Rekorden präsentiert. Milos Forman müsste man demnach als Regisseur von »Einer flog übers Kuckucksnest« vorstellen, einem von nur drei Filmen (»It Happened One Night« und »Das Schweigen der Lämmer« sind die anderen zwei), die es in der fast 90-jährigen Geschichte der Oscarverleihungen geschafft haben, in allen fünf Hauptkategorien zu triumphieren: bester Film, beste Regie, bester Darsteller, beste Darstellerin, bestes Drehbuch. Von der für seine Karriere wohl alles entscheidenden Nacht im Frühjahr 1976 erzählt der tschechische Regisseur in Miloslav Smidmajers Dokumentarfilm in folgender Weise: Er habe eigens seine Zwillingssöhne aus der Tschechoslowakei anreisen lassen, die dann auf den Sitzen eingeschlafen seien, als der Film ihres Paps in den ersten Kategorien, für die er nominiert war, verlor. Vom Triumphgefühl erzählt er nichts, nur davon, wie viel einfacher das Leben danach für ihn wurde. »Menschen wussten plötzlich, wer man war, man wurde endlich zurückgerufen.«
Forman ist ein fantastischer Erzähler seines eigenen Lebens, nicht nur, weil er es versteht, die wichtigen Ereignisse in Anekdotenform zu packen. Smidmajer hat den mittlerweile 84-Jährigen bereits vor einigen Jahren auf einer Reise in seine alte Heimat begleitet, wo Forman dann gewissermaßen an Originalschauplätzen von seiner Herkunft und seinem Werdegang erzählt. Wenn er vor Ort die Situation schildert, als die Gestapo seine Mutter verhaftete und er als 10-Jähriger mutterseelenallein in der Küche zurückblieb, ist man als Zuschauer nicht nur ergriffen von seinem Schicksal, sondern auch von der Kunst, so anschaulich und packend die Szene wiederzugeben. Seine Mutter sah Forman daraufhin nur ein einziges Mal für eine Viertelstunde wieder. Und seine knappe Schilderung davon macht allein schon Smidmajers im Übrigen völlig biedere Dokumentation unbedingt sehenswert.
Und vielleicht ist »bieder« letztlich die einzig richtige Herangehensweise an einen tschechischen Regisseur. Formans Leben ist in jedem Fall so interessant, dass es gar keine originelle Aufmachung braucht. Sei es, dass er von den Filmfestspielen 1968 in Cannes erzählt, wo die Proteste von Truffaut und Co. das Festival in dem Moment unterbrachen, als sein Film »Feuerwehrball« aufgeführt werden sollte – und er als Regisseur aus einem sozialistischen Land die Protestler nicht richtig verstehen konnte, ein Unverständnis, das er mit dem Spanier Carlos Saura teilte. Oder ob er von seiner Odyssee durchs westliche Hippiemilieu erzählt an der Seite von Jean-Claude Carrière, mit dem er das Drehbuch zu seinem ersten amerikanischen Film »Taking Off« schreiben wollte. Oder von den Auseinandersetzungen mit Danny DeVito über den »wahren« Charakter von Andy Kaufman für den Film Der Mondmann. Stets bringt Forman die Vorgänge in kleinen, erhellenden Szenen auf den Punkt. Und immer ist ein Quäntchen Humor dabei.
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