Kritik zu Loving Highsmith

© Salzgeber

2022
Original-Titel: 
Loving Highsmith
Filmstart in Deutschland: 
07.04.2022
L: 
83 Min
FSK: 
12

In Wahrheit war genau das nicht ganz einfach: die Person Patricia Highsmith zu lieben. Eva Vitija lässt unter anderem, neben Highsmith selbst in Interview­ausschnitten, drei ihrer Lebensgefährtinnen zu Wort kommen

Bewertung: 4
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In den USA gilt sie vielen »nur« als Krimiautorin, geadelt eher durch die Verfilmung ihres ersten Romans durch Alfred Hitchcock, der 1951 »Der Fremde im Zug« drehte. Das Kino hat immer wieder von ihren Büchern profitiert, sei es René Clements Nur die Sonne war Zeuge und die Neuverfilmung durch Anthony Minghella oder Wim Wenders’ »Der amerikanische Freund« und Hans W. Geißendörfers »Die gläserne Zelle«; erst in diesem Jahr kam mit Adrian Lynes »Deep Water« eine weitere Verfilmung hinzu. In Europa dagegen wird Patricia Highsmith als Literatin geschätzt, ihre wohl bekannteste Figur, Tom Ripley, Protagonist von fünf Romanen, mordet, kommt damit davon und empfindet nicht einmal Reue. 

In Ripleys Doppelleben hat Highsmith eigene Erfahrungen verarbeitet: sie, die sich zeitlebens zu Frauen hingezogen fühlte, veröffentlichte 1953 den Roman »The Price of Salt«, die Geschichte einer Frauenliebe, die eben nicht tragisch endet, unter dem Pseudo­nym Claire Morgan. Viele Highsmith-Leser dürften erst 1990 davon erfahren haben, als er (unter dem Titel »Carol«; verfilmt 2015 von Todd Haynes) erstmals unter ihrem eigenen Namen erschien.

So meint der Titel dieses Films nicht die zahlreichen Fans ihrer Romane, sondern zum einen die Filmemacherin selbst, die mit sieben Jahren erfuhr, dass im Tessiner Nachbarort Tegna eine berühmte Schriftstellerin allein mit ihren Katzen lebte, zum anderen drei Frauen, die zeitweise ihr Leben mit Highsmith teilten und in diesem Film darüber Auskunft geben: die Künstlerin Monique Buffet, die amerikanische Autorin Marijane Meaker (die 2003 ihr Buch über ihre Beziehung Ende der fünfziger Jahre veröffentlichte und zahlreiche lesbische Romane ebenfalls unter Pseudonymen publizierte) und die deutsche Schauspielerin und Kostümbildnerin Tabea Blumenschein, verstorben 2020 (bekannt für ihre Zusammenarbeit mit Ulrike Ottinger). 

Highsmith selbst kommt zu Wort in verschiedenen Interviews, die sie der BBC, französischen, Schweizer und deutschen Sendeanstalten gab, sowie durch Zitate aus ihren Tage- und Notizbüchern (gelesen von Maren Kroymann), entdeckt erst nach ihrem Tod (1995) in einem Wäscheschrank ihres Hauses und schließlich im vergangenen Herbst in ihrem Hausverlag Diogenes veröffentlicht. Ausschnitte aus den Verfilmungen von Hitchcock, Wenders, Minghella und Todd Haynes werden mit der literarischen Vorlage zusammengebracht und beweisen ihr filmisches Schreiben, Fotos zeigen die Autorin in verschiedenen Lebensabschnitten. Highsmith war keine einfache Person (bis hin zu rassistischen und antisemitischen Ausfällen in späten Tagebucheinträgen – mit denen sie nach Auffassung der Filmemacherin eine Brücke zum Rassismus der Mutter schlug, die die Liebe ihrer Tochter nie erwidert hat), sondern eine höchst zerrissene, die ihre frühe Lebenslust gegen die Einsamkeit des Schreibens eintauschte, mit dem sie das eigene Doppelleben in große Literatur transformierte. Ihre Bücher liest man danach zweifellos mit noch größerem Interesse

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