Kritik zu Insidious
Ist der Zuschauer auch mit vorhersehbarem Schrecken zu erschrecken? Saw-Erfinder und »Splat-Pack«-Mitglieder James Wan und Leigh Whannell wagen eine Art Remix von Poltergeist und Der Exorzist
Schon allein der Radiospot zur neuen Steven- Spielberg-Produktion erzeugte 1982 Gänsehaut: »Poltergeist – Er weiß, was Dich erschreckt!« Die Satire auf den American Way of Life war eine Frischzellenkur für das Genre. Haunted-House-Schocker hatten danach fast alle eine gewisse Vorhersehbarkeit. Insidious will hier ganz bewusst keine Ausnahme bilden. In Poltergeist kommt das Böse aus dem Fernseher und im neuen Film des »Sägen«- Duos James Wan und Leigh Whannell aus dem Babyphone. Bereits das Intro zeigt ein klassisches Spukhaus in fahlen Farben, bedrohliche Nervenmusik schwillt an: Jetzt wird gegruselt! Insidious kommt schnell zur Sache. Dabei entsteht zwar keine Langeweile, doch die Charaktere bleiben etwas schematisch, und auch die Atmosphäre ist nicht so dicht wie in Der Exorzist – dem zweiten Referenzfilm dieses Thrillers.
Renai Lambert, dreifache Mutter und ambitionierte Songwriterin, bezieht mit Ehemann Josh ihr neues Heim. Bei der Auswahl dieser Immobilie mit ihren zahlreichen Erkern und versteckten Wandschränken wurde die Familie augenscheinlich von Amityville Horror inspiriert. Entsprechend fallen schon beim Auspacken der Umzugskisten die gerade eingeräumten Bücher wieder aus dem Regal. Die Kinder waren es nicht, und auch Josh hat keine Zeit, um sich um solche Bagatellen zu kümmern. So kommt es, wie es kommen muss: Renai wird von bedrohlichen Erscheinungen erschreckt, doch ihr Mann nimmt sie nicht ernst. Dem Zuschauer geht es leider ähnlich. Als überspannte Mutter kann Rose Byrne nicht immer überzeugen. Patrick Wilson in der Rolle des Gatten, der sich offenbar vor väterlicher Verantwortung drückt, bleibt ebenso blass. Auch das Dialogbuch dieser Geistergeschichte ist nicht immer geistreich.
Nachdem ihr Sohn Dalton in ein unerklärliches Koma fällt, kehrt die leidgeprüfte Familie dem Spukhaus den Rücken. Wan und Whannell gelingt hier eine verblüffende Wendung: das neue Heim der Lamberts ist nicht minder unheimlich. Zwei trottelige Ghostbuster mit Gaga-Apparaten geben der Gespensterjagd eine humorvolle Wendung. Doch erst die unvermeidliche Parapsychologin weist den Ausweg aus dem Unheil: Wie in Poltergeist, an dessen Plot Insidious sich beflissen abarbeitet, muss der Vater die Seele seines Sohnes befreien.
Die Szenen in dieser Welt zwischen den Welten halten Überraschungen parat. Bizarre Seelenlandschaften, die an Tarsem Singhs The Cell erinnern, stehen für chiffrierte Ängste des Kindes vor seinem Vater. Doch der psychologische Subplot, der auf unterdrückte Probleme im Familienleben hinweist, und die nicht immer subtile Machart dieses Schockers, der zugleich ein selbstironischer Metafilm sein will, passen nicht so recht zusammen. So ist Insidious am Ende wie ein Besuch in der Geisterbahn. Man bezahlt dafür, dass man erschreckt wird. Und trotzdem läuft einem immer wieder ein kalter Schauer über den Rücken. Auch wenn man Poltergeist kennt.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns