Kritik zu Hustlers

© Universum Film

Glamour, Sex und großes Geld: Lorene Scafaria adaptiert die wahre Geschichte der Stripclub-Arbeiterinnen, die im Zuge der Finanzkrise wegen ausfallender Kundschaft kriminell kreativ wurden

Bewertung: 2
Leserbewertung
2
2 (Stimmen: 1)

Der erste Auftritt von Jennifer Lopez in »Hustlers« ist große Show. Im strassbesetzten String-Body, auf ultrahohen Absätzen, perfekt geschminkt betritt sie die Bühne des New Yorker Stripclubs »Moves«, windet sich im Scheinwerferlicht beim Poledance, spreizt die Beine zum Spagat, bringt den durchtrainierten Körper in der Luft in eine Waagerechte und rollt über die Seite weich ab. Der Jubel der anwesenden Gäste, Männer, kennt keine Grenzen; ein dichter Regen von Dollarscheinen geht über Ramona nieder. Sogleich ist klar, wer die ungekrönte Königin im »Moves« ist. Und es ist eine gute Königin: In einem Business brutaler Aufmerksamkeitskonkurrenz dominiert Ramona nicht nur – sie ist ihren Kolleginnen auch eine wahre Freundin. Den Neuling Destiny (Constance Wu) nimmt sie sogleich fürsorglich unter ihre Fittiche. Selbstlos bringt sie der asiatischstämmigen Animiertänzerin bei, wie man die Kunden richtig einschätzt in puncto Kontostand: Immer darauf achten, ob die Uhren und Schuhe teuer sind.

»Hustlers« in der Regie von Lorene Scafaria beruht auf wahren Ereignissen und erzählt eine Geschichte über Frauenfreundschaft. Die Handlung setzt im Jahr 2007 ein, kurz vor der großen Finanzkrise, die auch die Frauen im »Moves« hart treffen wird. Den Rahmen bildet ein Gespräch, das ­Destiny 2014 mit einer Journalistin (Julia Stiles) führt, nachdem »alles außer Kon­trolle« geraten ist. Der Begriff fiel zu Beginn schon mal: Dies will auch eine Geschichte über Kontrolle sein: die der mit ihren zugerichteten Körpern arbeitenden Frauen über ihre eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse und damit über die Männer, die ihre Kunden sind.

Das hätte spannend werden können, doch das Gegenteil ist der Fall. Ein Grund dafür ist die offenbar eherne Massenkompatibilität des Star-Images von Jennifer Lopez. Diesem in unzähligen People-Magazine-Stories gepflegten Image soll kein Bruch zugemutet werden; mit ihm muss auch die leicht anrüchige Rolle der Ramona versöhnt werden. Und so wirkt Ramona denn auch fast wie Jennifer Lopez selbst: eine schöne und irgendwie doch anständige Frau um die 50, die aussieht wie 30, viel Geld verdient und es vornehmlich für Luxuswaren ausgibt.

Immer wieder werden Ramona und ­Destiny beim Shoppen gezeigt. Immer wieder sieht man sie vor Begeisterung außer sich geraten über ein Paar High Heels von Louboutin, die Handtasche von Hérmes oder einen Chinchilla-Pelz. Doch mit der Finanzkrise verlieren die Frauen ihre Einkünfte; Versuche, sich eine andere, quasi »ehrbare« Existenz zu schaffen, scheitern an den Verhältnissen, etwa fehlender Rücksicht auf Alleinerziehende. Also werden die Frauen kreativ: Gemeinsam mit anderen bilden Ramona und Destiny eine kleine Bande, die reiche Männer mit Drogen betäubt und dann deren Kreditkartenlimit ausreizt. Dass dies für sie genauso ein Geschäft wie die Finanzgeschäfte an der Wall Street ist, wird ausgesprochen, aber nicht verbildlicht. Wiederholt inszeniert Lorene Scafaria zwar die Wärme zwischen den Frauen, mehr noch aber deren Shopping-Glück: Die Arme voller Haut-Couture-Tüten, stürmen sie euphorisiert durch die Szenerie.

Die Schlussfolgerung ist ernüchternd. Die starken Frauen, welche die Männer zu Opfern machen, sind hier als Konsumentinnen am nützlichsten. »Hustlers« stellt keine Fragen an seine Figuren; der Film reflektiert auch nicht über Körper oder Sex, sondern setzt vielmehr auf Sexyness und Glamour, wovon es reichlich gibt im Tabloid-Format. Die kriminellen Aktivitäten sind relativiert durch die eigentliche Grundanständigkeit der Protagonistinnen, die wenigstens im Fall von Destiny am Ende dann das hollywoodübliche kathartische Schuldeingeständnis zur Folge hat. »Hustlers« will indes mehr ­bieten als Schwesternschaftgerede und Augenfutter – nämlich Gesellschaftskritik üben. »Leute, die verletzt wurden, verletzen Leute«, sagt Ramona zum Ende hin und: »Diese Stadt, das ganze Land, ist ein Stripclub. Auf der einen Seite sind die Leute, die mit dem Geld werfen, auf der anderen die Menschen, die dafür tanzen.« Das klingt dann doch ­banal.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt