Kritik zu Final Cut of the Dead

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In seinem Remake des japanischen Überraschungshits »One Cut of the Dead« aus dem Jahr 2017 feiert Michel Hazanavicius sowohl das Kinoerlebnis als auch das Filmemachen als Gemeinschaftserlebnis

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Mit einer Spoilerwarnung ist es hier nicht getan. Michal Hazanavicius' »Final Cut of the Dead« bringt jeden, der ihn gesehen hat und weiterempfehlen will, in eine echte Zwickmühle. Es ist sogar so: Je mehr Vergnügen man an dem Film hatte, desto schlimmer wird das Dilemma. Denn mehr noch als im Fall vom legendären »I am Your Father«-Schlusssatz oder jedem Shyamalanschen Twist-Ending lässt sich bei »Final Cut of the Dead« vom Vergnügen nicht erzählen, ohne dass man anderen den Spaß daran verderben würde. Das liegt daran, dass die größten Überraschungen, die der Film bereitet, weniger mit seinem Plot als mit seiner Erzählstruktur zu tun haben. Beziehungsweise damit, wie diese Struktur den Kinozuschauer dazu bringt, seine eigenen Wahrnehmungen nicht nur zu reflektieren und zu revidieren, sondern sich nachgerade über sie, also sich selbst, lustig zu machen. 

Auf der Inhaltsebene kann man sich noch einigermaßen weit vorwagen: »Final Cut of the Dead« ist eine »Zombie-Komödie«, das heißt, es tauchen Zombies und die sie umgebenden Genrekonventionen auf, aber richtig ernst genommen werden sie nicht. Oder doch? Das Besondere des Films entwickelt sich jedenfalls daraus, wie sich das eine zum anderen verhält.

Als dankbar zu erzählender Fakt taugt der Hinweis darauf, dass es sich um ein Remake handelt. Dem japanischen Regisseur Shin'ichirō Ueda war mit der Zombie-Komödie »One Cut of the Dead« 2017 ein echter Überraschungshit gelungen. Mit unbekannten Schauspielern und einem sehr bescheidenen Budget von 25 000 Dollar gedreht, schrieb sein Film Kinogeschichte, weil er am Ende das Tausendfache seiner Kosten einspielte. Nun ist Hazanavicius' Version keineswegs die übliche Hollywood-Hochglanzproduktion, die naturgemäß an den Underdog-Charme des Originals nicht heranreichen kann, weil sie alles besser macht. Im Gegenteil: In der Imitation der miesen »production values« steht Hazanavicius dem Original in nichts nach. 

Mit dem Hippodrom von Évry hat er jedoch einen grandiosen zentralen Handlungsort gefunden, der das Wasserwerk des Originals fast noch übertrifft. Der aufgegebene 70er-Jahre-Bau ist innen ein Fest aus Braun, Orange und Stahlträger und von außen eine romantisch umwucherte Perle des Brutalismus. Romain Duris als überforderter Regisseur und Bérénice Bejo als seine überspannte Hauptdarstellerin lassen sich mit solcher Lust am Chargieren tonnenweise mit Blut bespritzen, dass man sie mit ganz neuen Augen sieht. Die Freude wird noch vervielfacht durch das Ensemble aus Charakterdarstellern wie Grégory Gadebois, Finnegan Oldfield und Jean-Pascal Zadi, die von stoisch bis exzentrisch das Spektrum des Komischen ausreizen.

Fans des Originals werden wahrscheinlich genug Abweichungen finden, um Hazanavicius' Version abzuwerten. Aber so ernst sollte man den Film gar nicht nehmen. Auf seine in jeder Hinsicht billige, aber dafür umso leidenschaftlichere Weise feiert »The Final Cut of the Dead« das Kinoerlebnis als solches. Auch wenn man für ein besonders schönes Erlebnis eben am besten gar nichts erwartet.

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