Kritik zu Es geht um Luis
Als ihr Sohn zum Mobbingopfer wird, zeigt sich, dass seine beiden Eltern sehr verschiedene Vorstellungen davon haben, wie die Situation zu lösen wäre
In diesem Film kommt vieles vor, nur Luis nicht. Zumindest nicht als sichtbare Person. Man hört ihn am Telefon, es wird über ihn gesprochen, aber im Bild taucht er nie auf. Nur eine der klugen Ideen dieser Theaterverfilmung von Lucia Chiarla.
Sven (Max Riemelt in einer der Rollen, die ihm liegen) und Constanze (Natalia Rudziewicz) sind fest in ihren Alltag eingebunden. Sie versucht als Architektin, von der freien Mitarbeit in die Festanstellung zu wechseln, während er, auch als Angestellter, nachts Taxi fährt, und damit einen Job gefunden hat, den er, wie er sagt, wirklich mag. Darunter leidet das Familienleben, Oma springt ein, man sieht sich im Taxi, wenn Sven Constanze zur Arbeit fährt. Es ist eben so eine Phase. Als sie dann erfahren, dass ihr 11-jähriger Sohn Luis wegen eines lila Schulrucksacks mit einem glitzernden Einhorn drauf gehänselt und schließlich auch tätlich angegriffen wird, gerät ihre Welt ins Wanken.
Sven, der auf das Normale schimpft und versucht, das Recht in die eigenen Hände zu nehmen, bevor er die Schule verklagt, unterstützt seinen Sohn in der Wahl des Rucksacks, den Constanze, um des lieben Friedens willen, mal eben in der Mülltonne entsorgt. In ihren Gesprächen finden sich beide dann auf zwei verschiedenen Seiten der Gesellschaft wieder. Zwischen Konvention und Extravaganz, zwischen Selbstentfaltung und der Erfüllung unausgesprochener Ansprüche – und schließlich bei der Frage möglicher sexueller Orientierung. Das abrupte letzte Schwarzbild überträgt diese Fragen an den Zuschauer.
»Es geht um Luis« ist die Verfilmung des Theaterstücks »El pequeño poni« von Paco Bezerra. In einer deutschen Übersetzung wurde es unter dem Titel »Das kleine Pony« veröffentlicht, doch der Titel, den Lucia Chiarla wählt, hat formal wie inhaltlich weit mehr Potenzial. Denn tatsächlich geht es hier um eine Weltsicht, die Kinder wie Erwachsene gleichermaßen betrifft.
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