Kritik zu Die wundersame Welt des Louis Wain
Katzen beim Picknick: In Will Sharpes Biopic verkörpert Benedict Cumberbatch den exzentrischen britischen Zeichner, der Ende des 19. Jahrhunderts bekannt wurde
Davon, dass Louis Wain der Twitter-Account »Cats With Jobs« gut gefallen hätte, kann man ausgehen. Unter @CatWorkers findet man eine Sammlung von Fotos, auf denen Katzen kleine Bauarbeiterhelme tragen, auf Computertastaturen tippen oder hinter der Kasse am Kiosk sitzen, also vermeintlich menschlichen Jobs nachgehen. Eine moderne Fortsetzung dessen, was Wain schon Ende des 19. Jahrhunderts machte. Denn damals wurde der exzentrische britische Künstler mit Zeichnungen und Comics erfolgreich, die Katzen beim Picknick, beim Kricket und in anderen Zweibeiner-Alltagssituationen zeigten.
»Die wundersame Welt des Louis Wain« wirft nun einen Blick auf das Leben des 1860 geborenen Zeichners (Benedict Cumberbatch). Mit Anfang 20 muss er nach dem Tod des Vaters allein für den Unterhalt der Mutter und seiner fünf teilweise noch recht jungen Schwestern aufkommen. Er bekommt einen Job als Illustrator bei der Wochenzeitung »The Illustrated London News«, wo der Herausgeber (Toby Jones) zum nachsichtigen Mentor wird, dessen Geduld Wain mit seiner Schusseligkeit und seinen künstlerischen Ambitionen durchaus auf die Probe stellt. Als sich Wain in Emily Richardsen (Claire Foy), die neue Gouvernante seiner kleinen Schwestern, verliebt, sorgt das aufgrund von Klassen- und Altersunterschieden nicht nur in der Familie für Unmut. Doch die beiden scheinen geradezu bestimmt füreinander, und als sie ein streunendes Kätzchen namens Peter bei sich aufnehmen, das für kreative Inspiration sorgt, wendet sich auch beruflich das Blatt. Doch auf Dauer meint es das Schicksal nicht gut mit Wain, dessen mentaler Zustand ohnehin nicht der stabilste ist.
Was Biopics angeht, ist »Die wundersame Welt des Louis Wain« ein durchaus ungewöhnliches, und das nicht nur weil von einem Künstler erzählt wird, der weder als echte Berühmtheit durchgeht noch ein Werk hinterlassen hat, das als Meilenstein der Kunstgeschichte gilt. Vor allem stilistisch hebt sich der Film ab von vergleichbaren Werken, gerade im sonst auf Konventionalität setzenden britischen Kostümdrama. Bereits Armando Iannucci hatte mit »David Copperfield« für frischen Wind gesorgt, nun geht Will Sharpe beim Entstauben des Genres noch einen Schritt weiter. Ähnlich wie kürzlich schon bei seinem gelungenen TV-Vierteiler »Landscapers« erlaubt er sich ein ungewohntes Maß an Verspieltheit und Künstlichkeit. Und das nicht nur in Fantasy-Sequenzen, sondern allgemein in den Kameraeinstellungen, der Bildgestaltung und der Farbgebung.
Man kann das, ähnlich wie Wains Katzenbilder, ein bisschen zu kitschig finden, doch abwechslungsreich ist dieses Künstlerporträt allemal, zumal es auch die psychische Erkrankung des Protagonisten nicht trivialisiert. Fast lässt es sogar darüber hinwegsehen, dass Foy und vor allem Cumberbatch schon ein bisschen zu oft in ähnlichen Rollen zu sehen waren. Wem das nicht reicht: Viele entzückende Katzen tun ihr Übriges.
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