Kritik zu Der Wald in mir
Nur im Wald fühlt sich der Biologiestudent Jan zu Hause. Was harmlos beginnt, weitet sich zu einer schweren Psychose aus
Die Darstellung psychischer Störungen gehört zum Schwierigsten, das man im Kino angehen kann. Das Kino liebt das Äußere, die physische Erscheinung; die Introspektion, wie sie die Literatur kennt, funktioniert nur bedingt. Aber wie kein anderes Medium kann das Kino Veränderungen festhalten. Jan studiert Biologie. Er liebt die Tiere, es gelingt ihm nicht, selbst eine tote Labormaus aufzuschneiden. Von Anfang an ist etwas Seltsames um diesen Jan, der Menschen eher meidet und seine Wohnung mit Terrarien vollgestellt hat. Als er die Kommilitonin Alice, eine Umweltaktivistin, kennenlernt und sie sich mit Tierlauten auch erotisch necken, zählt man das als Zuschauer noch zu dem, was Biologen eben so tun. Aber vielleicht gehört es schon zum Krankheitsbild von Jan, der immer mehr die Kontrolle über sich verliert, Stimmen hört und tagelang durch den Wald streift. In einer der eindrücklichsten Szenen des Films kommuniziert er mit einer Eule. Als Alice nicht mehr weiterweiß, lässt sie ihn in eine psychiatrische Klinik einweisen.
Der zweite Film von Sebastian Fritzsch gebietet schon allein wegen der Fallhöhe des Themas Respekt. In Leonard Scheicher (»Der vermessene Mensch«) hat er den idealen Darsteller gefunden. Es gelingt Scheicher, seine Figur Jan, auch als sie noch nicht unter einem psychotischen Schub leidet, mit schnellen Bewegungen des Kopfes und einem stechenden Blick anders erscheinen zu lassen als die anderen. Und als sich Jan immer mehr ins Animalische hineinsteigert, werden Scheichers Bewegungen immer tierähnlicher. So famos die Darstellung einen für den Film einnimmt, so kann sie doch nicht seine Schwachstellen ganz kaschieren. Die Figuren wirken irgendwie losgelöst. Jan und Alice haben keine Vorgeschichte, keinen Hintergrund, bei Alice (Lia von Blarer) wird immerhin ihr gestorbener Bruder erwähnt. Die Anbahnung ihres Verhältnisses wird schnell abgehandelt, und auch über die Therapie in der Klinik hätte man gern mehr erfahren. Ein bisschen mehr Erdung hätte dem Film gutgetan.
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