Kritik zu Der Rosengarten von Madame Vernet
Eine Rosenzüchterin versucht ihren Traditionsbetrieb mit einem klitzekleinen Coup vor der Pleite zu retten: eine Sozialkomödie, zugeschnitten auf Catherine Frot
Catherine Frot hat sich in Frankreich seit einigen Jahren als Madame »Toulemonde« ein ergebenes Publikum herangezogen. Denn »Frau Jedermann«, wie sie in ihrem Erfolgsfilm »Odette Toulemonde« (2006) getauft wurde, ist einerseits vielseitig einsetzbar, in ihren Rollen als gestandene und zugleich etwas exzentrische, gar verpeilte Frau jedoch alles andere als gewöhnlich.
Der unvorhersehbare Eigensinn, den sie ihren Charakteren verleiht, kommt auch dieser Sozialkomödie zugute. Frot spielt eine Rosenzüchterin und Koryphäe ihrer Kunst, deren kleiner Traditionsbetrieb von der Pleite bedroht ist. Schließlich heuert ihre leidgeprüfte rechte Hand Véra hinter Evas Rücken drei obdachlose Sozialfälle an. Das Arbeitsamt übernimmt die Sozialabgaben: Diesem Angebot kann Eve, die klassenbewusste Großbürgerin, nicht widerstehen. Die verschüchterte Nadège, der stille Samir und der rebellische Exknacki Fred haben zwar keine Ahnung von Rosen und sind insgesamt eine mürrische Truppe. Doch Freds Tattoo und auch die Einbrüche, die er auf dem Kerbholz hat, inspirieren Eva zur Züchtung einer neuen Rose, was wiederum einen klitzekleinen kriminellen Coup erfordert.
Eves Drive, mit dem sie alle Bedenken beiseitefegt, zieht das Trio in seinen Bann und schweißt die vier von einer Katastrophe zur nächsten zur Schicksalsgemeinschaft zusammen. Ihr Überlebenskampf wird auf die Polarität zwischen ihrem Konkurrenten, einem jungen, alerten Produzenten von schnell verderblicher Massenware, und Eve als Vertreterin eines traditionsbewussten Handwerks, das Geduld und Durchhaltevermögen erfordert, zugespitzt. Doch eine Rose ist eine Rose ist eine Rose: Die Blume steht natürlich auch für eine verfeinerte Kultur, für Schönheit, ästhetischen Mehrwert. So bieten Rosen in allen Schattierungen zusammen mit Eves verwittertem Landhaus den erwarteten Augenschmaus; die Düfte, auf die sie so viel Wert legt, lassen sich nur mittels ihrer Beschreibungen erahnen. Daneben wird die Rose durch Eves Züchtergeschick zur Metapher für Menschenaufzucht, wobei der junge Fred zur zweiten Hauptfigur aufblüht. Diese zwischen Melancholie und Burleske inszenierten unterschwelligen Zuschreibungen steigern die Dynamik der Erzählung, ohne sie im Gegenzug mit Bedeutung zu überfrachten.
Wirkt manches Handlungselement dennoch platt, so ist aber erfreulich, dass Eve und ihre Passion ebenso ernst genommen werden wie die Rose als archaisches, im kollektiven Gedächtnis verankertes Symbol. Regisseur Pinaud, der den Film seiner Mutter, einer Gärtnerin, widmete, zeichnet das schillernde Porträt einer Unternehmerin, mit allem Stress, den die Eigenverantwortung mit sich bringt, und ohne zum Happy End einen solventen Lover aus dem Hut zu ziehen. Und selbst wenn Frot als Eve in ihrer Art, anderen Beine zu machen, einen Hauch von Louis de Funès hat, so verkörpert sie, in ihrer Mischung aus kultivierter Bourgeoise, Wurstlerin und Draufgängerin, auch diesmal ein weibliches Original, das im Gedächtnis bleibt.
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