Kritik zu Der Mandant
Der schmale Grat zwischen Recht und Gesetz, zwischen Spielen und Zum-Spielzeug-Werden: Matthew McConaughey spielt einen windigen Anwalt, der den Rest seiner Berufsehre retten muss
»The Lincoln Lawyer« klingt natürlich sehr viel besser, als der schnöde deutsche »Mandant«; in der Tat arbeitet der Anwalt Mick Haller weitgehend von seinem mobilen Büro im Innern seines chauffeurbetriebenen schwarzen Lincoln Continental. Diese Lebensform passt zu seiner ebenso wendigen wie windigen Arbeitsweise, immer in Bewegung, immer auf dem Sprung und auf der Straße, wo auch seine Klienten, Drogendealer, Prostituierte, Hehler und Schläger ihren Geschäften nachgehen. Matthew McConaughey, der sein Talent in den letzten Jahren in mediokren Romcoms verschleudert hat, spielt fünfzehn Jahre nach seinem ersten Auftritt im Gerichtssaal von Joel Schumachers »Die Jury« erneut einen Anwalt. Wenn er seine Deals aushandelt und im Vorübergehen Gerichtsdiener besticht, seiner im Büro des Staatsanwalts arbeitenden Exfrau Informationen entlockt und seinen Klienten mit allerlei Bauernfängertricks das Geld aus der Tasche zieht, dann verbindet er die Sunnyboy-Sorglosigkeit seiner romantischen Helden mit einer sehr viel düsteren, getriebeneren, whiskeygetränkten Seite.
Eigentlich müsste er misstrauisch werden, als ihm der Kautionsvermittler Val eines Tages einen sehr viel hochkarätigeren Klienten zuschanzt, den stinkreichen, arroganten jungen Playboy Louis Roulet (Ryan Phillippe), der wegen Vergewaltigung und brutalem Mordversuch an einer Prostituierten angeklagt ist und seine Unschuld beteuert. Als Mick die Falle bemerkt, ist sie bereits zugeschnappt.
Ähnlich wie sein Kollege John Grisham lotet auch Michael Connelly in seiner Romanvorlage die Untiefen von Moral und Gewissen im amerikanischen Rechtssystem aus, den schmalen Grat, auf dem Anwälte generell balancieren. Doch wenn die Cops und Richter Mick Haller dafür verachten, dass er mit seiner Art, das Recht zu manipulieren, dem Abschaum Straffreiheit verschafft, dann ist das eben auch nur die halbe Wahrheit. Ähnlich wie in »Bloodwork«, der als Vorlage für Clint Eastwoods gleichnamigen Thriller diente, tun sich auch hier fatale Zusammenhänge mit einem länger zurückliegenden Fall auf, und so wie der Cop in »Bloodwork«, muss auch der Anwalt in »Der Mandant« feststellen, dass er vom Täter ganz gezielt zu einem perfiden Spiel herausgefordert wurde.
Dabei setzt Regisseur Brad Furman auf angenehm altmodische Weise auf die raffinierte Konstruktion des Plots und Wortgefechte in Schlagfertigkeit. Und er sucht die Schauwerte in den Schauspielern, die bis in die kleinsten Nebenrollen mit Marisa Tomei, William H. Macy, Josh Lucas, John Leguziamo, Michael Peña und Frances Fisher schillernd besetzt sind und mit wenigen Strichen komplexe Charaktere zum Leben erwecken. Wie Michael Mann entlockt auch er der zu Tode gefilmten Stadt Los Angeles ein paar neue, rauere Seiten jenseits der bekannten Schauplätze in abgelegeneren Stadtteilen wie Echo Park oder Inglewood. Man muss das Kino gar nicht neu erfinden, manchmal reicht es, sich auf die klassischen Werte zu besinnen.
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