Kritik zu Cirque du Soleil – Traumwelten 3D
Von James Cameron in 3D produziert und von Andrew Adamson dirigiert: der Versuch, die Zirkusmagie des Cirque du Soleil ins Kino zu übertragen
3D-Kamerablicke hoch aus der Zirkuskuppel. Ein Riesenvogel aus mindestens zwei Dutzend Menschen, die im Hallenhimmel mit Seilzügen an den Schwingen zerren. Nixen, die sich mit ranken Körpern fernsehballettartig im Wasser räkeln. Oder eine Horde Kung-Fu-Fighter, die ihre Opfer über eine schräge Ebene in den Abgrund jagt. Dazu opulente Kostüme, dramatischer Licht- und Flammenzauber und Musik, die (außer einer Elvis- und einer Beatles-Episode) von Ethno bis Sphärenklängen alles herbeizitiert, was Pathos macht: Mit dem tierdunggeschwängerten Manegenduft von Krone & Co hat der Cirque du Soleil nichts mehr gemein außer den Körperkünsten von Hochseilartisten und Schlangenmenschen. 1984 wurde das alternative Zirkusunternehmen in Montréal von Straßenkünstlern gegründet und ist seitdem kontinuierlich gewachsen, mittlerweile ist der Cirque du Soleil ein gigantisches multinationales Unterhaltungsimperium mit Tausenden Angestellte weltweit, das allein am Hauptstandort in Las Vegas mehrere feste Hallen betreibt und rund um die Welt mit immer neuen Shows auf Tour ist. In denen gibt es keine Löwen und Kunstreiterinnen mehr, dafür penibelst durchchoreographierte akrobatische Darbietungen, die an aufwendige Varieté- oder Ballettproduktionen erinnern.
Aus sieben solcher Shows wurde Worlds Away (so der Originaltitel) von Autor und Regisseur Andrew Adamson (Shrek, Die Chroniken von Narnia) zusammengebaut, lose verklammert durch die Geschichte einer Kindfrau, die sich in einen schmucken (halbnackten) Luftakrobaten verguckt und diesen nach vorzeitigem Verlust auf einer wundersamen Reise durch verschiedene Dimensionen sucht. Dabei gibt es immer wieder neue skurrile Abenteuer, meist zu Wasser und in den Lüften, zu bestehen. Als Einstieg in die Welten der verschiedenen Shows dient dabei eine Ansammlung verschneiter Zelte, die irgendwo zwischen Beduinenromantik und Weihnachtsmarkt angesiedelt ist. Wie auch ein ganz altmodischer Zirkus zu Anfang des Films – ein poetisch durchaus anrührendes Bild, das leider schnell zwischen 3D-Aktivismus und technisch aufgebrezeltem Kitsch aufgerieben wird. Peinlicher Höhepunkt des Geschehens ist eine unmotivierte One-Woman- Bikini-Show in einem durch Überblendung aus einem Mond geborenen überdimensionierten Goldfischglas. Für Kinder ist der Film übrigens auch jenseits dieser Szene nicht zu empfehlen, da die teilweise martialische Atmosphäre mit der aufputschenden Musikbegleitung traumatisierend wirken könnte.
Und: Akrobatik funktioniert nur im Livemodus. Während im Zirkus – wohl auch in den Shows des Cirque du Soleil – das Prekäre des immer durch Scheitern bedrohten (und hoffentlich durch Netz gesicherten) künstlerischen Augenblicks Staunen und Schönhei in die vorgeführten Kunststücke zaubert, sind diese als abgedrehte Konserve auf der Leinwand nur noch banal, mögen die Stunts noch so gewagt und die Sprünge tollkühn sein. Und dann werden 91 Minuten schnell zu einer verdammt langen Zeit, die hier in eine unendlich scheinende Paar-Apotheose mündet.
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