Kritik zu Bird's Nest – Herzog & De Meuron in China

© Salzgeber

2008
Original-Titel: 
Bird's Nest – Herzog & De Meuron in China
Filmstart in Deutschland: 
08.05.2008
L: 
88 Min
FSK: 
keine Beschränkung

»Vogelnest« ist der Spitzname des neu gebauten Olympiastadions in Peking, dessen durchbrochene, unregelmäßige Außenstruktur tatsächlich an eine riesige Brutstätte erinnert. Ein Dokumentarfilm stellt die verantwortlichen Schweizer Architekten vor

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Auch schon in vor-vor-olympischen Zeiten war der chinesische Bauboom Anziehungsort für europäische Architekten, die ihre Ideen und Eitelkeiten hier jenseits europäischen Planungsrechts und parlamentarischer Kompromisswirtschaft realisieren wollten. Bekannteste Beispiele aus Peking sind Paul Andreus' neues Opernhaus oder die von Koolhaas entworfene CCTV-Zentrale. Und natürlich das von dem Schweizer Architektenduo Pierre de Meuron und Jacques Herzog errichtete neue Olympiastadion.

Der sich aus scheinbar organisch verflochtenen Betonstreben aufbauende 80.000-Plätze-Gigant stieß in der chinesischen Öffentlichkeit sofort auf Begeisterung und wurde mit dem Spitznamen »Vogelnest« ausgezeichent. Solcher Erfolg ist kein Zufall, denn das von Herzog & de Meuron vertretene Konzept »kontextuellen Bauens« versucht gegen globalisierende Gleichmacherei an regionalen kulturellen Gegebenheiten anzusetzen.

Auch im südchinesischen Jinhua planen Herzog und De Meuron diesmal einen ganzen Stadtteil auf freiem Feld, der sich trotz Modernität mit Ziegeln und traditionellen Fensterformen dem Baustil der Dörfer anpasst, aus denen die meisten der zukünftigen Bewohner kommen dürften. Doch während sich der Bau in Peking trotz immer neuer politischer Hindernisse erstaunlich schnell in den Himmel stemmt, kommt das südchinesische Projekt aus ungeklärten Gründen gar nicht voran.

Seit dreißig Jahren arbeiten die Kindergartenfreunde zusammen, erzählt uns ein Off-Kommentator mit sanfter Stimme, der neben Interviews mit diversen Beteiligten den Diskurs bestimmt. Mittlerweile betreiben Herzog & De Meuron in Basel ein Büro mit 200 Angestellten und Projekten in 40 Ländern, zwischen denen die Architekten hin- und herjetten. Sie sind auch beredete Selbstdarsteller in eigener Sache, das gehört zum Geschäft: Und es klingt betörend, wenn sie mit idyllischen Computeranimationen ihre Vision einer »begehbaren Struktur« vorstellen, die nach den Spielen öffentlicher Nutzung zur Verfügung gestellt wird. So beantwortet sich auch die derzeitig gern gestellte Frage, ob nicht die politische Moral die Zusammenarbeit mit den Pekinger Potentaten verbiete, fast von selbst: Schließlich werde hier öffentlicher Raum für alle geschaffen, kein Renommierprojekt für die da Oben.

Schade, dass der chronologisch inszenierte Film aufhört, bevor sich diese paradiesischen Visionen am fertigen Objekt überprüfen lassen. Schade auch, dass der Film selbst die Basler Götterperspektive nie verlässt, nur ein Dörfler darf einmal mit knappen Worten seinen Lebensplan skizzieren. Und auch die Statements der diversen chinesischen Offiziellen sind viel zu knapp geschnitten, um sich als Zuschauer selbst einen Reim daraus machen zu können. So sieht »Bird's Nest« am Ende am ehesten wie ein Werbefilm für ein nicht unsympathisches Architektenduo aus.

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