Kritik zu Armored
Das »perfekte Verbrechen« funktioniert doch eigentlich nie, oder? Auch in seinem zweiten Hollywoodfilm inszeniert Nimród Antal, bekannt durch »Kontrol«, ein Kammerspiel als geradliniges B-Movie
So wie Baines (Laurence Fishburne), einer der Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Eagle Shield Security, einmal im Umkleideraum mit einem Gewehr hantiert und seinen Kollegen klarmacht, dass er es nur zu gerne im Dienst benutzen würde, dass er nur darauf lauert, die jedes Mal aufgebaute Spannung, die mit dem Transport großer Geldsummen verbunden ist, gewaltsam abzubauen, da ahnt der Zuschauer schon, dass dieser Moment kommen wird in diesem Film und dass es kein schöner Anblick sein wird. Wie ein Damoklesschwert hängt die Szene über der breit ausgespielten Kameraderie der Männer, die zu Beginn einen Neuen in ihren Reihen begrüßen. Ty Hackett ist Irakkriegsveteran, und für den jungen Farbigen ist die Anstellung überlebensnotwendig: Nach dem Tod der Eltern muss er nicht nur auf seinen 14-jährigen Bruder aufpassen, sondern auch die Hypotheken auf das Haus abstottern. Als es mit den erhofften Überstunden nichts wird, zeigt er sich empfänglich für eine Idee seines väterlichen Freundes Michael Cochrane (Matt Dillon), der ihm den Job verschafft hat. Der hatte bei einem gemütlichen Abend, als dem Neuling die Firmenlegenden aufgetischt wurden, nämlich von jenem Coup erzählt, bei dem fünf Millionen Dollar den Besitzer wechselten, nachdem ein Wachmann als Geisel genommen wurde. Von der Beute oder den Tätern hat man nie wieder etwas gehört. Für den alten Hasen Cochrane kann es dafür nur eine Erklärung geben – es war ein inside job, die Wachmänner haben das Geld selbst genommen.
Als Ty begreift, warum Cochrane diese Geschichte erzählt hat, nimmt das Verhängnis seinen Lauf: Gerade erst hat ihm ein Sozialarbeiter angedroht, seinen Bruder in ein Erziehungsheim zu stecken, das macht ihn empfänglich für die Idee vom scheinbar todsicheren Coup, bei dem niemand zu Schaden kommen, sechs Wachmänner aber um 42 Millionen Dollar reicher sein würden. Der Plan klingt in der Tat verlockend, aber es ist einmal mehr die Unzulänglichkeit der Ausführenden, die ihn zunichtemacht. Als die Männer mit der Beute in einem leerstehenden Lagerhaus angekommen sind, braucht es nur die Irritation eines unerwarteten Besuchers und schon beginnen die Wölfe, sich gegenseitig zu zerfleischen.
Wenn sich die Aktion in das Lagerhaus verlegt, ist Regisseur Nimród Antal in seinem Element – die Spannungen innerhalb einer Gruppe von Menschen auf überschaubarem Raum waren nämlich sowohl in seinem Langfilmdebüt »Kontrol« (2003), das unter den Mitarbeitern der Budapester U-Bahn spielte, als auch in seinem ersten Hollywoodfilm »Motel«, wo sich ein Ehepaar in einem entlegenen Motel einer tödlichen Gefahr ausgesetzt sah, der Dreh- und Angelpunkt des Geschehens, wobei er das Cinemascopeformat zu nutzen weiß, um das Verhältnis der Figuren in Bildern auszudrücken.
Dass das Lagerhaussetting den Zuschauer an Tarantinos »Reservoir Dogs« erinnert, ist unvermeidlich, größer ist allerdings die Irritation, die aus den Gemeinsamkeiten mit dem französischen Film »Le Convoyeur« (2004) erwächst. Der hatte in den USA wie in Deutschland keinen Kinoeinsatz, aber ein Hollywoodremake, für das Regisseur F. Gary Gray und Eric Bana als Hauptdarsteller vorgesehen waren, war in Planung. Sollte es also der Drehbuchdebütant von »Armored«, James V. Simpson, sein, der den wahren Coup abgezogen hat?
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