Amazon: »Being the Ricardos«
Dass die erfolgreichste Serie im amerikanischen Fernsehen nie ihren Weg nach Deutschland findet? Heutzutage undenkbar, doch in den Anfangstagen des Mediums konnte das schon mal vorkommen. Weswegen hierzulande »I Love Lucy«, der Klassiker des Sitcom-Genres schlechthin, bis heute nie wirklich zu sehen war und vermutlich nicht jeder auf Anhieb weiß, wer sich nun hinter dem Filmtitel »Being the Ricardos« verbirgt.
Lucy und Ricky Ricardo, so hieß das Ehepaar, das von 1951 an sechs Staffeln lang im Zentrum von »I Love Lucy« stand und teilweise Einschaltquoten von 70 Prozent erreichte. Gespielt wurden sie von Lucille Ball, die auf der Leinwand nie über Nebenrollen und B-Movies hinausgekommen war, und Desi Arnaz, einem aus Kuba stammenden Bandleader und Nachtclub-Star, die auch im echten Leben verheiratet und für Millionen von Haushalten in den Fünfzigern das amerikanische Traumpaar schlechthin waren.
Aaron Sorkin erzählt von diesen beiden und ihrer Show in seiner dritten Regiearbeit nun ausgehend von einer einzigen Woche in ihrem Leben. Dass die Presse Wind davon bekommt, dass Ball (Nicole Kidman) – aus familiären, nicht politischen Gründen – Mitglied in der kommunistischen Partei ist, könnte das Ende der Serie bedeuten. Dass sie und Desi (Javier Bardem) außerdem ein zweites Kind erwarten und die Schwangerschaft in den Plot von »I Love Lucy« integrieren wollen, kommt bei Sender und Sponsoren kaum besser an. Und dass ihre Ehe auf wackligen Beinen steht und ihre Co-Stars (J.K. Simmons und Nina Arianda) nicht immer pflegeleicht sind, erschwert den Arbeitsalltag ohnehin.
Die zeitliche Beschränkung Sorkins auf fünf Tage im Leben des Ehepaars Ball/Arnaz erweist sich bei genauem Hinsehen als geschummelt: Er verdichtet reale Ereignisse, die sich in Wirklichkeit in verschiedenen Jahren zugetragen haben, und gönnt sich obendrein diverse Rückblicke. Was nicht zuletzt dem hiesigen Publikum zugutekommt, das über Leben und Werk der Figuren wenig bis gar nichts weiß.
Mehr noch als Fan von Lucille Ball sollte man bei »Being the Ricardos« sowieso Fan von Aaron Sorkin sein, dessen Freude an gedrechselten Dialogen hier mal wieder genauso viel Raum einnimmt wie seine Vorliebe für die Details und Mechanismen des Fernsehmachens. Das Inszenieren ist seine Stärke allerdings noch immer nicht, und manche Entscheidung – etwa eine pseudodokumentarische Rahmenhandlung, in der Schauspieler*innen die gealterten Sitcom-Autor*innen als Talking Heads verkörpern – erscheint geradezu amateurhaft.
Am besten funktioniert der Film als facettenreicher Blick auf das amerikanische Showgeschäft in der Mitte des 20. Jahrhunderts – und als Plattform für Nicole Kidman, die so überzeugend aufspielt wie seit einigen Jahren nicht mehr. Dass sie und Bardem nicht zuletzt in optischer Hinsicht eigentlich fehlbesetzt sind, fällt hierzulande ja ohnehin kaum jemandem auf.
Kommentare
Fehlbesetzt
Über die Qualität des Films kann ich nichts sagen, bin noch immer völlig paralysiert von Frau Kidmans Gesichtsunfall. Dem Film hätte es gutgetan, die Rolle der Lucille Ball mit einer rothaarigen Komödiantin mit mimischen Fähigkeiten zu besetzen: Debra Messing.
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