Kritik zu Der Spion von nebenan
Nach »Stuber« übernimmt Wrestling-Star Dave Bautista in dieser Actionkomödie über einen CIA-Agenten, der von einem aufgeweckten Mädchen enttarnt wird, seine zweite Hauptrolle
Seit jeher haben Wrestler und Bodybuilder einen direkten Draht zu jener Sorte von Kino, die ihre Herkunft vom Jahrmarkt nicht verleugnet. Ihre aufgepumpten Körper veranschaulichen, »bigger than life«, eine elementare Männlichkeit, die im Alltag als bedrohlich wahrgenommen, im Ring und auf der Leinwand aber ungeniert bestaunt werden darf. Ex-Wrestler Dave Bautista gelingt es, diese beiden Aspekte auf unerwartet charmante Weise zu bespielen. CIA-Agent JJ feiert zwar durchschlagende Erfolge, ist für den Geschmack seines Chefs aber zu brachial. Mit einer unerfahrenen Kollegin im Schlepptau wird er zu einer Überwachungsmission degradiert. Das Duo verkabelt die Wohnung einer mit Tochter und Hund aus Frankreich geflohenen Witwe, deren Mann Konstruktionspläne für eine Mini-Atombombe hinterließ. Die mit schweren Akzenten sprechenden Schurken, die hinter diesen Plänen her sind, interessieren jedoch nur zu Beginn und dann wieder auf der Zielgeraden zum Showdown. Stattdessen entdeckt die aufgeweckte Sophie – Chloe Coleman mit genau der richtigen Dosis Niedlichkeit – nicht nur eine der Kameras, sondern enttarnt auch das Aufpasserduo. Die einsame Neunjährige erpresst JJ zu schulischen Begleitdiensten und adoptiert ihn als Mentor.
In der generischen Handlung wird z.B. mit direktem Verweis auf Wrestling-Kollege »The Rock« kein Hehl daraus gemacht, dass an dieser Geschichte vom sozial inkompatiblen Grobian, der durch ein Kind gezähmt wird, nichts originell ist. Ungewohnt ist aber, dass Bautista seine gorillahafte Präsenz, mit der er bereits in »Guardians of the Galaxy« den Stars die Show stahl, nie durch ein Augenzwinkern à la Dwayne Johnson oder die Lässigkeit eines Arnold Schwarzenegger mildert. Meist strahlt seine Miene ein brodelndes, kurz vor der Explosion stehendes Unbehagen aus. Mehr mimisches Bemühen wäre Verschwendung, denn Bautista spricht hauptsächlich durch seinen bulligen Körper, der in der urbanen Kulisse ein Fremdkörper ist. Sobald die kleine Sophie mit dem finster blickenden Koloss in ihrer Schule aufkreuzt, herrscht unter den Kids sofort Totenstille. Als er sich beim Berufe-Vorstellen in ihrer Klasse als Terroristenkiller outet, sind die Zuhörer – abzüglich der Väter – nach einer Schrecksekunde hingerissen. Die Gören umschwärmen ihn, die Lehrerinnen stecken ihm ihre Telefonnummer zu… Es ist erfrischend, wie Regieroutinier Peter Segal unter Verzicht auf schrillen Klamauk nicht nur die fröhliche Anspruchslosigkeit von Neunziger-Jahre-Komödien wie »Kindergarten Cop« übernimmt, sondern auch beim Mann-Frau-Ding so tut, als habe er noch nie von »toxischer« Männlichkeit gehört. Dazu kommt, dass Bautista, der den Film mitproduzierte, sich als »good sport« erweist. JJ lässt sich bei seiner Einführung ins Zivilleben stoisch demütigen, von Sophie aufs Eis der Schlittschuhbahn locken und verspotten. Erfreulich viel Zeit wird Kristen Schaal in einer wunderbar clownesken Rolle als plappernd-tollpatschige, aber smarte Assistentin eingeräumt. Insgesamt ein Treiben, das in seiner unbefangenen Tiefergelegtheit mehr Witz hat als zu hoffen war.
Kommentare
toxische Männlichkeit
Die Benutzung modischer Buzzwörter Links-regressiver nervt einwenig.
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