Wettbewerb: Auch Ekel kann langweilen
Schon im Vorfeld war Fatih Akin der Star der deutschen Wettbewerbsbeiträge. Er ist der einzige Preisträger in diesem Jahrhundert, sein Film »Gegen die Wand« gewann 2004 den goldenen Bären. Mit Spannung wartete man also auf den Einlass zu Akins neuem Film »Der goldene Handschuh«. Zumal der zugrundeliegende Roman von Heinz Strunk schon vielfach gelobt worden war. Und dann das. Als der Serienmörder Fritz Honka nach 80 Minuten seinen dritten Mord begeht und eine sich heftig wehrende Frau erdrosselt, schreit eine Frau im Publikum laut »Scheiße«. Der Saal bleibt ruhig. Kein Applaus, kein Gelächter, eher betroffene Stille. Oder war er der Stupor den überbordender Ekel auslösen kann? Akins Film umfasst nur wenige Wochen im Leben von Fritz Honka, der aus Leipzig kam und in Hamburg 4 Frauen tötete. Tatsächlich fanden diese Morde zwischen 1970 und 75 statt, aber im Film scheint die Zeit lähmend still zu stehen.
Das Zentrum des Films ist eine heruntergekommene 24 Stunden-Kneipe. »Der goldene Handschuh« wird bevölkert von saufenden alten Männern und Frauen, deren bessere Tage schon lange vorbei sind. Willenlos folgen sie dem Ruf des Schnapses in Honkas Wohnung und werden dort bestialisch ermordet. Akins Film ist durchzogen von Ekel und Abscheu, und man kann nur froh sein, dass sich die absurde Idee eines Geruchskinos ebenso schnell wieder verflüchtigt hat, wie sie aufkam. Es reicht schon, dass man sehen muß, wie es in der Wohnung stinkt, in der die Leichen versteckt sind. Sicher ist Ekel ein Gefühl, dass im Kino nicht fehlen darf. Vor den Schrecken eines Serienmörders darf es die Linse nicht verschließen. Aber wenn es so dick aufgetragen wird, verklebt es die Differenzierung. Und dann kann auch Ekel langweilen. Honka, aber auch die anderen Figuren sind einem seltsam egal, der Film ist lang, schwerfällig und im höchsten Maße unangenehm. Wieder einmal zeigt sich, dass ein gutes Buch, das die Zeit, den Hamburger Kiez und die gesellschaftlich Geächteten mit großer Sorgfalt beschrieb, sich nicht so einfach in Bilder umsetzen läßt. Und dann hat man irgendwie auch vergessen, das Akin so mäßige Filme wie »The Cut«, »Auf der anderen Seite« oder »Solino« gedreht hat.
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