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Gerhard Midding

Es gab eine Zeit, da bildete ich mir ein, ich könne etwas Schwedisch. Sie liegt schon eine Weile zurück und dauerte nicht lang. Dieser Selbsttäuschung erlag ich während einer Ingmar-Bergman-Retrospektive, die in den späten 1980ern im Berliner Arsenal lief. Nach einer Woche kam mir die Sprache so vertraut vor, dass ich überzeugt war, sie auch ohne Untertitel zu verstehen.

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Es ist anregend, ein vertrautes Wort in ungewohnter Bedeutung zu entdecken; fast so, als würde die Welt eine ungekannte Nuance hinzugewinnen. „But lately he had grown modest and private“ fällt Lisa auf, als sie morgens ihren Ziehsohn Kolya weckt, der nun darauf besteht, dass sein Bett durch einen Vorhang vom Rest ihrer kleinen Wohnung abgeschirmt wird.

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Auf dem Papier muss der diesjährige Eröffnungsfilm von Cannes wie ein echter Coup ausgesehen haben: „Offenes Geheimnis“ versprach die ideale Kombination von Starkino und Autorenfilm. Beide Versprechen löst er ein. Trotzdem war die Enttäuschung nach der Premiere groß; namentlich in der deutschsprachigen Festivalberichterstattung.

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Meine Lieblingsszene aus »The Big Sleep« (Tote schlafen fest) stand fast schon fest, bevor ich den Film überhaupt gesehen hatte. Vor Urzeiten sah ich Fernsehen Peter Bogdanovichs Dokumentation über Howard Hawks, die gespickt ist mit klug ausgewählten Filmmausschnitten. Das liegt so lange zurück, dass ich sie nicht auf Video aufzeichnen konnte, sondern noch mit meinem Cassettenrecorder vor dem Fernseher saß.

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Die National Portrait Gallery in London sammelt seit 1856 nicht nur Bildnisse von historischer und künstlerischer Bedeutung, sondern trägt auch Sorge dafür, dass das menschliche Antlitz nicht ganz aus der Gegenwartskunst verschwindet. Zu diesem Zweck lobt sie seit gut vier Jahrzehnten einen Preis aus. Ein Freund brachte mir den diesjährigen Katalog mit, weil wir kurz zuvor über einen der Porträtierten gesprochen hatten: Bruce Robinson.

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Der bildenden Kunst stand die Welt bisher nicht so weit offen wie dem Kino. Ein Film kann, sofern dies nicht die politische, religiöse oder ökonomische Zensur verhindert, im Prinzip auf allen Kontinenten gleichzeitig laufen. Bouchra Khalili ist eine bildende Künstlerin, die sich anschickt, die Aufholjagd zu gewinnen.

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Die Kuratoren der damaligen Retrospektive waren Thom Andersen und Noel Burch, deren Film »Red Hollywood« Ende September im Arsenal läuft. (Wie ich dem Programm entnehme, haben sie ihn 2013 noch einmal überarbeitet.) Burch selbst war ein unmittelbar Betroffener: Seine akademische Karriere war ebenfalls der Kommunistenjagd zum Opfer - was daran gemahnt, dass Hollywood nur die publicityträchtige Speerspitze einer Kampagne war, in deren Verlauf das Nachkriegsamerika mit den progressiven Ideen der Roosevelt-Ära aufräumte.

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Cy Endfield muss ein interessanter Mann gewesen sein. Der Amerikaner war nicht nur Drehbuchautor, Regisseur und Erfinder, sondern auch ein begabter Magier, den Orson Welles sehr bewunderte. In England hat er einen meiner Lieblingsfilme inszeniert, »Zulu« mit Stanley Baker und Michael Caine und zusammen mit Ray Harryhausen eine der schönsten Jules-Verne-Verfilmungen, »Die geheimnisvolle Insel«. Aber ich bin nicht sicher, ob er stolz war auf sein Lebenswerk.

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Das Tamburin ist ein eigentümliches Instrument. Wie es scheint, wurde es in Ägypten erfunden und fand bald Verbreitung im arabischen Kulturkreis und Mittelmeerraum. Mozart gilt als einer der ersten europäischen Komponisten, die es einsetzten. Was also hat es im England des ausgehenden 12. Jahrhunderts zu suchen? Genauer gefragt: in Erich Wolfgang Korngolds Partitur zu »Robin Hood, König der Vagabunden«?

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Am Wochenende war ich in »Gundermann« und meine Begleiterin meinte, er sei zwar einen Hauch zu lang, aber sie hätte auf keines der Lieder verzichten mögen. Mir ging es andersherum.