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Gerhard Midding

Wenn ich an Jérôme Seydoux denke, fällt mir sofort ein herrlicher Satz von Butch Cassidy ein: "Heute tragen alle Leute Brillen, aber ich habe Visionen!" Letztere braucht man natürlich, wenn einem ein Konzern wie Pathé gehört. Beim Blick auf die Bilanzen hingegen kann eine Sehhilfe durchaus nützlich sein.

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Bei keinem Film musste Douglas Sirk so viel Zeit im Schneideraum verbringen wie für »Der letzte Akkord« (Interlude, 1956). Schon die Dreharbeiten zu dem Melo waren eine einzige Strapaze gewesen, denn Sirks Hauptdarsteller Rossano Brazzi war seiner Aufgabe einfach nicht gewachsen.

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"Kennen Sie diese Melodie?" fragt Yves Montand seine Tischnachbarn im Café. "Ja, ich habe sie schon irgendwann einmal gehört", erwidert sein Gegenüber. Verträumt lauschen sie den melancholischen Klängen, die ein Fremder am Tresen auf seiner Mundharmonika spielt. Es ist ein einfaches Thema, einprägsam, berückend.

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Nehmen Sie Andy Serkis hoch zehn, dann bekommen Sie eine Vorstellung davon, wer Lon Chaney war. In der Stummfilmära gehörte er zu den zugkräftigsten Stars Hollywoods und war zeitweilig populärer als Douglas Fairbanks, Greta Garbo und John Gilbert. Aber im Gegensatz zu ihnen kannte das Publikum Chaney kaum von Angesicht.

Gerhard Midding

Vor 20 Jahren haben Alice und Louis ein unzertrennliches Band miteinander geknüpft, einen Vertrag, den keines der Geschwister brechen wird. Er wurde geschlossen, als die Schwester dem Jüngeren mit einem Lächeln eröffnete, dass sie ihn hasst.

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Einer der denkwürdigsten Dialoge der 1970er Jahren ist ohne Zweifel der Einzeiler "Sex mit dir ist wirklich ein kafkaeskes Erlebnis" aus Woody Allens »Der Stadtneurotiker«. Ich bin sicher, er ist auch heute noch für einen Lacher gut. Eingeprägt hat der Satz sich mir aber auch wegen der rätselhaften Dreingabe, die er in der Szene noch erhält.

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Nein, das Adagietto ist heute nicht dran. Es steht zwar auf dem Probenplan, worauf der eifrige Assistent beharrt, aber die Dirigentin hat sich umentschieden. Flugs geht es zum Trauermarsch zurück. Der ist stürmischer, wild bewegt, vehementer. Das Orchester soll am Maximum spielen und nicht nachlassen im Tempo.

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Morgen feiert Eva Marie Saint ihren 100. Geburtstag. Ich hoffe, dass sie ihren Ehrentag bei guter Gesundheit verbringt. Auf Fotos aus den letzten Jahren wirkt sie erfreulich kregel. Offenkundig hat sie sich jene Eleganz und Beherrschung bewahrt, die sie auf der Leinwand auszeichnen. Ihr Lächeln wirkt noch immer distinguiert. Darf man in ihm Überlebensstolz entdecken?

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Hollywoodstudios stellt man sich gemeinhin nicht als Bastionen der Basisdemokratie vor. Aber Ende der 80er Jahre veranstaltete 20th Century Fox eine Umfrage unter ihren Angestellten, welchen Stoff sie gern einmal auf der Leinwand sehen wollten. Ein Vorschlag erhielt die mit Abstand meisten Stimmen: ein „Frankenstein“ in der Regie von Roger Corman.

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Heute vor einhundert Jahren wurde Sidney Lumet in Philadelphia geboren. Beinahe hätte ich vergessen, dass er gar nicht aus New York stammte. Ein lässlicher Irrtum, denn er hat die besten New-York-Filme gedreht. Gegen ihn ist Scorsese ein Waisenknabe. Andererseits passte es, dass er in einer Stadt auf die Welt kam, die so entscheidend war für die Entstehung der Demokratie in Amerika.