Sky: »Klitschko«

© Sky

2024
Original-Titel: 
Klitschko – Der härteste Kampf
Heimkinostart: 
13.09.2024
V: 
L: 
97 Min
FSK: 
Ohne Angabe
Mehr als nur ein Kampf

Er schickte 87 Prozent seiner Kontrahenten auf die Bretter, ein Rekordwert im Profiboxen. Doch bei seiner zweiten Karriere als Bürgermeister von Kiew traf er auf einen Gegner, der mit ganz anderen Mitteln kämpft. In seinem Doppelporträt spiegelt Kevin Macdonald die Lebenswege Vitali Klitschkos und seines jüngeren Bruders Wladimir mit der jüngeren Geschichte der Ukraine ineinander.

Ausgehend von bedrückenden Bildern des russischen Angriffskrieges, schlägt der Film einen weiten Bogen zurück bis in die Endphase der Sowjetunion. Die Klitschko-Brüder wuchsen im Sozialismus auf. Als Breschnew starb, weinte Vitali drei Tage. Ihr Vater Wolodymyr, Offizier zunächst der sowjetischen, dann der ukrainischen Armee, vermittelte den Söhnen eine soldatische Disziplin, die, so Vitali vor der Kamera, ihrer sportlichen Karriere zugutekam. 2011 starb der Vater an Krebs – wohl die Spätfolge eines Einsatzes bei der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl.

Macdonald rekapituliert die Geschichte der Klitschkos als schwer fassbares Wechselbad zwischen Sport und Politik, Boxen und Krieg. Fernsehbilder von furiosen Erfolgen im Ring prallen hart aufeinander mit der im Zeitraffer zusammengefassten Geschichte der Ukraine seit den blutig niedergeschlagenen Maidan-Protesten 2013/14. Für dieses Projekt ist Kevin Macdonald eigentlich prädestiniert. Der Regisseur ist in unterschiedlichen Genres zu Hause. »Ein Tag im September« über den palästinensischen Terror während der Olympischen Spiele 1972 wurde als bester Dokumentarfilm mit dem Oscar ausgezeichnet. Mit den Mitteln des Spielfilms macht »Der letzte König von Schottland« die blutige Willkürherrschaft des Diktators Idi Amin vorstellbar. In seinem Klitschko-Film schafft Macdonald es aber nicht so ganz, die Heterogenität der Motive thematisch schlüssig zu bündeln.

Unter die Haut geht dieses ungewöhnliche Projekt aber dennoch. Der Film kommt Vitali Klitschko und seiner »Mission Impossible« sehr nahe. In seiner Heimat wird der frühere Weltmeister im Schwergewicht verehrt. Herzstück des Films bilden Archivmaterialien, die Klitschko als unermüdlichen – zuweilen auch zermürbten – Krisenmanager zeigen. Zerstörte Häuser, heulende Sirenen und schreiende Mütter, die blutende Kinder im Arm halten: In diesem Stakkato des Kummers ehrt Klitschko gefallene Soldaten und steht deren Witwen bei. Dabei steht der frühere Boxer zwar permanent im Fokus, geriert sich aber nie als abgehobener Star. In aussichtslosen Krisensituationen spendet der bodenständige Zweimetermann seinen leidgeprüften Landsleuten einen beinahe religiös anmutenden Trost.

Und wenn es in diesem todtraurigen Film dann noch einmal etwas menschelt, ist man fast dankbar. So werden die Klitschkos einmal von einem Reporter gefragt, warum sie eigentlich niemals gegeneinander geboxt haben? Weil sie, so antworten die Brüder gleichzeitig, »nicht das Herz ihrer Mutter brechen« wollten.

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