Kritik zu Klitschko
Die Geschichte der Klitschko-Brüder ist ein Stoff, der wie gemacht scheint fürs Kino. Doch bevor Hollywood geeignete Schauspieler für die Boxriesen findet, müssen wir mit einer deutschen Dokumentation über ihr Lebenswerk vorliebnehmen
Natürlich ist ein Projekt wie Sebastian Dehnhardts Dokumentarfilm »Klitschko« nur mit der Unterstützung der beiden Protagonisten durchführbar. Doch selbst wenn man das mit in Betracht zieht, wirkt dieser Film über weite Strecken gar wie eine Auftragsproduktion der Klitschkos, die den etwas angeschlagenen Ruf der beiden als »Kontrollfreaks« bekannten Ausnahmesportler für die Boxgeschichte aufhübschen soll.
So liegen denn auch die besten und spannendsten Kämpfe, aus denen man schöne Ausschnitte in diesem Film zu sehen bekommt, längst hinter ihnen. Wladimir »Dr. Steelhammer « Klitschko sagt zum Ende des Films, er habe seit 2005 nicht mehr das Gefühl, im Ring wirklich zu kämpfen. Es ginge lediglich darum, mit dem Trainer eine Strategie zu entwickeln, um den Gegner auszuschalten. Das erinnere ihn ans Schachspiel. Nun ist es bei weitem nicht so spektakulär, einem Schachturnier im Kino zuzuschauen wie einem spektakulären Boxkampf. Und so verhält es sich tatsächlich auch mit den Kämpfen der Brüder in den letzten Jahren. Es ist die offensichtliche Überlegenheit der Hünen, die die aktuellen Kämpfe gegen sogenanntes Fallobst so vorhersehbar und langweilig macht. Die Übertragungen im Privatfernsehen verkommen zu einer mit Werbung gespickten Unterhaltungsshow mit Knock-out-Garantie. Ein amerikanischer Journalist fragt, was die Klitschkos denn auch machen sollen? Sie haben angeblich momentan jeden geschlagen, der als Gegner infrage kommt. Solche Schwergewichttalente fallen schließlich nicht vom Himmel. Und gegeneinander kämpfen dürfen sie nicht. Das hat Mama Nadeshda Uljanowa (hier erstmalig vor einer Kamera zu sehen) glücklicherweise verboten.
Dehnhardt tut also gut daran, den dramaturgischen Schwerpunkt seiner Dokumentation auf die wenigen Niederlagen und verletzungsbedingten Formtiefs der Klitschkos aus vergangenen Zeiten zu legen. Auch Vitalis halbwegs gescheiterte Ausflüge in die ukrainische Politik werden kurz gestreift, um den klugen Gutmenschen hinter »Dr. Eisenfaust« zu bestätigen. Der inzwischen auf dem linken Auge erblindete US-Profiboxer Lamon Brewster, der Wladimir Klitschko 2004 spektakulär schlagen konnte, fragt sich vor laufender Kamera, warum sich die Klitschkos eine Profi-Boxkarriere überhaupt angetan haben. Schließlich seien die Jungs doch intelligent und hätten den gesundheitsschädlichen Überlebenskampf im Ring nicht nötig. Diese Frage beantwortet der Film nicht wirklich. Immer wieder ist vom unbedingten Siegeswillen und eiserner Disziplin die Rede, die das Bruderpaar schon in Kindertagen vom Vater, einem ukrainischen Offizier der Sowjetarmee, eingeimpft bekam.
Hinterfragt wird also in »Klitschko« nichts. Aber der Boxfreund bekommt einen zwar etwas eindimensionalen, aber zugleich kompakten Überblick über die Karriere der Brüder, angereichert mit alten Videoaufnahmen von frühen Kickboxkämpfen in muffigen Sporthallen bis hin zu filmisch aufgepeppten TV-Mitschnitten der Kämpfe in den größten Sportarenen dieser Welt. Ein Fanfilm.
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