Streaming-Tipp: »Babes«

englisch © NEON

Frauenfreundschaft fürs Leben

An Thanksgiving morgens um neun Uhr gehen Eden und Dawn ins Kino. Das ist ihr Ritual, das machen sie schon seit 27 Jahren so. Auch wenn, wie diesmal, Eden (Ilana Glazer) fast zwei Stunden und vier Umstiege braucht, um mit der Metro aus Queens an Manhattans Upper West Side zu kommen, und Dawn (Michelle Buteau) hochschwanger ist. Im fast leeren Kino beschwert sich Dawn über feuchte Sitzplätze, bis klar ist: Das Tröpfeln zwischen ihren Schenkeln sind die einsetzenden Wehen. Sie eilen ins Krankenhaus, wo Dawn mit Pressen und Stöhnen und Schreien schließlich ein gesundes Baby zur Welt bringt, einen kleinen Haufen Kacke inklusive. Eden übergibt sich erst mal. Als beste Freundin muss sie da durch.

Später, in der Bahn auf dem Heimweg, kommt sie mit einem charmanten Unbekannten ins Gespräch, Claude (Stephan James), ein Kleindarsteller im Kellnerkostüm nach Drehschluss. Sofort klickt es zwischen den beiden, weil sie einen ähnlich verdrehten Humor haben und gegenseitig Sätze zu Ende sagen. Schon wie diese Begegnung inszeniert ist, wie sie zusammen nach Hause gehen, um erst an der Videogamekonsole zu zocken und dann im Bett zu landen, ist leichthändig inszeniert und bezaubert, ohne kitschig zu sein. Einfach zwei sympathische Menschen, die sich gefunden haben. Doch dann meldet sich Claude nicht mehr, ghostet Eden offenbar. Und die stellt überrascht fest: Das mit dem ungeschützten Sex während der Tage ist doch nicht so sicher. Sie ist schwanger. Und entscheidet sich, das Kind zu bekommen, auch ohne Vater. Sie und Dawn sind schließlich Familie und können sich aufeinander verlassen. Oder?

Von der besonderen Bindung zweier Freundinnen erzählt Pamela Adlon in ihrem rasanten Regiedebüt »Babes«, auch davon, wie überfordernd und eklig und beglückend das Schwanger- und Muttersein sein kann und wie sich die Freundschaft verändert, wenn es plötzlich Kinder gibt. Die Schauspielerin hatte schon in ihrer Sitcom »Better Things« (2015–2022) einen ganz speziellen Humor entwickelt. Darin erzählte sie vom Chaos einer berufstätigen alleinerziehenden Mutter mit drei Töchtern. Der Humor entstand oft aus unbehaglichen oder schmerzhaften Situationen, bot sich mit seinem als ehrlich empfunden Kern zur Identifikation an, irritierte aber auch immer wieder. Auch »Babes«, geschrieben von Hauptdarstellerin Ilana Glazer (»Broad City«) und Josh Rabinovitz, hat solche Momente. So gibt es zahlreiche Witze über Körperöffnungen und -ausscheidungen, doch nicht um der Provokation willen, sondern weil es zum Leben dazugehört. Eine skatologische Screwballkomödie mit Herz, die von zwei charmant-zupackend gespielten Protagonistinnen lebt und in Nebenrollen mit illustren Gästen aus Adlons Comedy-Umfeld besetzt ist. Sandra Bernhard hat einen Gastauftritt als resolute Ärztin, Oliver Platt als Edens entfremdeter Vater, und John Carroll Lynch gibt den Gynäkologen, den Haarausfall plagt. Seine temporeiche Unverfrorenheit macht den Film zu einem großen Vergnügen.

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