DVD-Tipp: »Flag Day«

© Koch Films

Der Rollenwandler

Sean Penn überrascht als Filmemacher immer wieder durch die Wahl seiner Stoffe. Seit 1991 hat er bei nur sechs Filmen Regie geführt, die stilistisch und inhaltlich so verschieden sind wie »Indian Runner« (1991), »Das Versprechen« (2001) oder »Into the Wild« (2007). Auffallend in seinen Filmen ist dabei nicht nur, dass Sean Penn seine Darsteller, wie David Morse, Viggo Mortensen, Charles Bronson, Jack Nicholson oder Emile Hirsch, exzellent führt, sondern auch viel Wert auf die Bildgestaltung legt. Das spürt man auch in seinem neuen Werk »Flag Day«, das in flirrenden Farben, Super-8-Einschüben und körnigen Bildern die 1980er und 1990er Jahre in der amerikanischen Provinz einfängt und eigentlich nur auf der großen Leinwand seine ganze Kraft entfaltet.

Sean Penn spielt auch ausnahmsweise selbst eine wichtige Rolle, die von John Vogel, einem Kleinkriminellen, der Klassik liebt, sich selbst und seine Familie dauernd belügt, den amerikanischen Traum leben will und an ihm scheitert. Gesehen wird John Vogel aus der Sicht seiner Tochter Jennifer, die den Vater als Kind anbetet, ihm all seine Lügen glaubt und ihn als junge Frau entlarvt.

Gerade die Szenen zwischen Sean Penn und seiner echten Tochter Dylan Penn sind voller Emotionen, Kraft und berühren den Zuschauer. Als Regisseur ist Penn eine sehenswerte Etüde über einen Hochstapler und notorischen Lügner gelungen, der trotz aller Liebe zu seiner Tochter unfähig ist, aus seiner Rolle zu schlüpfen. Das wird in einer Szene deutlich, in der John Vogel einen Telefonanruf fingiert, in dem er eine Anzahlung über 5000 Dollar für einen Jaguar wiederhaben möchte. Als Jennifer ihm wütend das lose Telefonkabel entgegen schwenkt und so seine Performance auffliegen lässt, bleibt Vogel ganz in seiner Rolle, beendet das Gespräch und legt auf.

»Flag Day« ist an den US-Kinokassen leider gefloppt, erreichte in Frankreich und Italien jeweils knapp 70 000 Zuschauer und kommt in Deutschland nur auf DVD/Blu-ray heraus. Das hat dieser wirklich gute und liebevoll gemachte Film nicht verdient, der ein Highlight des amerikanischen Erzählkinos in der Tradition von New Hollywood ist.




VÖ: 28. Juli 2022

Bestellmöglichkeit (DVD/Blu-ray)

 

 

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