Buch-Tipp: Stewart Granger – Männlichkeit auf der Leinwand

Der letzte Abenteurer

Der »swashbuckler« findet sich heutzutage auf der Liste ausgestorbener Wörter. Der Begriff bezeichnete einst einen strahlenden und siegesgewissen Helden, tapfer und tollkühn. Douglas Fairbanks und Tyrone Power waren zwei der bekanntesten dieser ausgebufften Abenteurer im Hollywoodfilm, Geena Davis hat das dazugehörige Genre 1995 mit »Die Piratenbraut« beerdigt und ihre Karriere gleich mit, und Piraten der Karibik hat für einen klassischen Abenteuerfilm einfach zu viele Metaebenen.

Reiner Boller hat nun Stewart Granger eine Biografie gewidmet. Granger ist hierzulande weniger als draufgängerischer »swashbuckler« bekannt denn als Old Surehand in den von Horst Wendlandt produzierten Karl-May-Verfilmungen. Grangers Karriere, zu deren Höhepunkten der Mantel- und-Degen-Film »Scaramouche« und »König Salomons Diamanten« zählen, fand bereits in einer Umbruchzeit statt, das klassische Abenteuerkino machte ab den 1950er Jahren Platz für Neues. Granger – der am Set kein besonders beliebter Kollege gewesen zu sein scheint – machte weiter. Aber irgendwann hießen die Filmpartnerinnen halt nicht mehr Ava Gardner und Grace Kelly, sondern Barbara Rush. (Womit nichts gegen die bezaubernde Barbara Rush gesagt werden soll. Sie spielte die Hauptrolle in »Gefahr aus dem Weltall« – einem der Filme, denen Granger-Filme wie »Im Schatten der Krone« Platz machten.) Von daher war es eine Fügung des Schicksals, dass Granger im bundesdeutschen Wildwest-Universum an der Seite von Pierre Brice seinen Platz fand und dessen Edelmenschentum mit augenzwinkerndem Charme sekundieren konnte. Nicht nur das: Er stattete auch Wendlandts Edgar-Wallace-Reihe einen Besuch ab und war noch 1987 in »Das Erbe der Guldenburgs« ein gern gesehener Gaststar im deutschen Fernsehen.

Grangers Karriere umfasste etwa 55 Jahre. Da kommt einiges zusammen, auch Euro-Trash und anderweitig Abseitiges, etwa Robert Aldrichs Bibeldrama »Sodom und Gomorrha«. Reiner Boller ist ein vollständiger und fairer Chronist, und seine Biografie hat alles, was das Herz begehrt, schwarzweiße und bunte Bilder, eine kommentierte(!) Filmografie und, unabdingbar für solch ein Buch, die Liebe zum Kino. Das Buch ist flüssig und formvollendet geschrieben, und auch Leser, die unvorstellbarerweise keine Fans von Stewart Granger sind, werden auf ihre Kosten kommen.

 


Reiner Boller: Stewart Granger. Männlichkeit auf der Leinwand. Eine Biografie. Norderstedt: Books on Demand, 2021. 429 S., 29,90 €.

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