Amazon: »Solos«

»Solos« (Serie, 2021). © Jason LaVeris / Amazon Prime Video

© Jason LaVeris / Amazon Prime Video

Duell mit Spiegel

Das Grundkonzept der neuen Anthologieserie »Solos« ist simpel und klingt erst mal nach ermüdenden Egotrips: sieben in sich abgeschlossene Folgen, jeweils ein Schauspielstar allein in einem Raum, gefilmtes Theater, ein Kammerspielmonolog auf dem heimischen Bildschirm. Und doch haben die sieben »Solos«, die seit 21. Mai auf Amazon Prime zu sehen sind, ihre Reize. Das liegt an den Büchern von Creator David Weil (»Hunters«) und den Regisseur*innen, vor allem aber an der hochkarätigen Besetzung. Zach Braff etwa inszeniert Anne Hathaway in Leah als junge Wissenschaftlerin, die im Keller ihrer Mutter an der Möglichkeit tüftelt, in der Zeit zu reisen, und dabei ihrem zukünftigen Selbst begegnet. Also kein klassischer Monolog, eher ein schizophrenverplappertes Zwiegespräch, bei dem nicht jeder Witz zündet und das dann doch eine Wendung zum Dramatischen nimmt und durchspielt, wie einzelne Entscheidungen das Leben existenziell verändern.

Wie hier sind auch viele der anderen Geschichten ein etwas merkwürdiger Mix aus Science-Fiction und Theaterelementen, in dem mal größere, mal kleinere philosophische Themen in leicht verdaulichen Portionen und zum Teil erstaunlich ausgestatteten Sets serviert werden. Anthony Mackie etwa liefert sich in einer Reflexion über Identitäten als Tom ein Schauspielduell mit dem eigenen Double. Eine Freude ist es auch, Helen Mirren dabei zuzusehen, wie sie fast nichts tut als Seniorin Peg in ihrem Raumschiff allein auf dem Weg ohne Wiederkehr in die Weiten des Weltalls. Sam Taylor-Johnson beobachtet sie dabei und hält kleinste Details der Mimik Mirrens in Großaufnahme fest, wenn sie im Gespräch mit einem Bordcomputer über den Sinn ihres Handelns und ihr Leben nachdenkt.

Die in allen Folgen verhandelte Isolation passt natürlich gut zum pandemiebedingten Zustand. Doch dezidiert darauf bezieht sich lediglich Sasha mit Uzo Aduba (»Orange Is The New Black«, demnächst »In Treatment«), die sich in den Jahren nach einer weltweiten Pandemie so an ihr Einsiedlerdasein gewöhnt hat, dass sie nicht glauben kann, die Gefahr könne irgendwann vorüber sein.

Es sind kleine Vignetten, ein Traum für Darsteller, denen eine halbe Stunde der Bildschirm allein gehört. Nur das mit der uneingeschränkten Aufmerksamkeit der Zuschauer liegt hier nicht in ihrer Hand, anders als im Theater. Eingeleitet wird jede Folge mit einer sinnigen Frage, mit Gravitas gestellt von Morgan Freeman. Der taucht dann auch in der einzigen Episode auf, in der das One-(Wo)Man-Show-Konzept aufgebrochen wird und zwei Darsteller einander gegenüberstehen: In »Stuart« spielt Freeman einen vermeintlichen Alzheimerpatienten, dessen Erinnerungen von einem zwielichtigen Dan Stevens (»Downton Abbey«, demnächst in Maria Schraders »Ich bin dein Mensch«) angezapft werden. Ihr verbales Kräftemessen endet mit etwas, das nicht allein geht: einer versöhnlichen Umarmung.

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