Method Auteur
Vor einigen Monaten starteten die »Cahiers du Cinéma« eine neue Buchreihe mit dem Titel »Anatomy of an Actor«: Jeder Band nimmt sich einen Schauspieler vor, dessen Schaffen anhand von zehn seiner Rollen analysiert wird – und zwar in bester Cahiers-Tradition mit Blick auf die Frage, inwiefern der jeweilige Akteur auch der »Auteur« seines darstellerischen Gesamtwerks ist. Den Anfang macht Al Pacino, der schon wegen seines Method-Acting-Hintergrunds und seines bisweilen exzentrischen Stils für eine solche Herangehensweise prädestiniert ist. Die Filmauswahl der amerikanischen Autorin Karina Longworth fällt dabei durchaus eigenwillig aus: Neben Klassikern wie Hundstage, Scarface und der Godfather-Trilogie dienen ihr weniger populäre Filme wie Jerry Schatzbergs Landstreichergeschichte Asphalt-Blüten als Beispiele für Pacinos Entwicklung und Ausmodellierung einer ganz eigenen Leinwandpersona. Insbesondere auch die Adam-Sandler-Komödie Jack & Jill, in der Pacino sich selbst verkörpert, ist für sie ein Beleg seiner schauspielerischen Autorenschaft: Pacino, so Longworth, setzt darin sehr bewusst seinen Status als künstlerisch integre New-Hollywood-Ikone in Kontrast zum Zynismus des modernen Kommerzkinos – und reflektiert damit zugleich den Ballast dieser Ikonenhaftigkeit.
Auch sonst sind Longworths Beobachtungen bemerkenswert originell, wobei sie in bester amerikanischer Kritikermanier in einem zupackenden, unverquasten Stil schreibt und bei aller Intellektualität stets nah an den Filmen und den darstellerischen Details bleibt.
Karina Longworth: Al Pacino – Anatomy of an Actor. In engl. Sprache. Phaidon Verlag, London 2013, 196 S., ill., ca. 40 €.
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