Die Berlinale macht Spaß!
Noch bevor die Filme des Wettbewerbs feststehen, fängt das große Jammern an. Vor allem unter den Kritikerkollegen, die seit Jahren nach Berlin fahren, hat die Berlinale jeden Appeal verloren. Man nimmt es nicht mehr als Privileg wahr, zwischen 200 Filmen wählen zu können und danach mit wahren Enthusiasten ins Gespräch zu kommen. Sicher, man sitzt schlecht im Berlinale-Palast, das Wetter ist streng, eine Erkältung obligatorisch. Warum aber kommt man immer wieder, um sich zwischen den Vorstellungen in den hässlichen Kneipen am Potsdamer Platz herumzudrücken? Dort, wo kein Berliner hingeht? Weil es einen Rausch gibt, der nur auf einem großen A-Festival entsteht. Es ist der Rausch des internationalen Kinos, der internationalen Kritik. Die Berlinale bringt eine Weltläufigkeit mit sich, die kein anderes Festival bei uns zu bieten hat.
Und das Programm? So sehr man sich über einzelne Filme aufregen kann, schließlich schweißt nichts die Menschen zusammen wie eine gemeinsame Abneigung, so sehr profitiert man von der Summe des Gezeigten. Der typische Berlinale-Film, heißt es, ist politisch, trist und traurig. Aber wenn man schon morgens auf nüchternen Magen mit schwersten Schicksalen konfrontiert ist – dann wird die Ordnung eines bürgerlichen mitteleuropäischen Durchschnittslebens fast physisch spürbar außer Kraft gesetzt. Die etablierten Autorenfilmer mag es eher nach Cannes ziehen, das Line-up der Berlinale mag auf dem Papier immer erst einmal matt wirken – tatsächlich aber hat das Festival in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Filmen gezeigt, die von der Kritik und vom Publikum geschätzt wurden und »haltbar« waren, darunter »Boyhood«, »45 Years«, »Victoria« oder die Iraner: »Taxi Teheran«, »Nader und Simin«. Zu den Entdeckungen unter den Regisseuren gehören Peter Strickland und J.C. Chandor, deren Spielfilmdebüts »Katalin Varga« und »Margin Call« in Berlin liefen. Die Eröffnungsfilme – im letzten Jahr »Grand Budapest Hotel«, in diesem kommen die Coens – scheinen auch immer besser zu werden. Am Ende ist alles eine Frage der Einstellung. Der Berlinale-Mensch könnte durchaus ein glücklicher sein.
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