Kritik zu Männerherzen und die ganz, ganz große Liebe
Als außen hart und innen ganz weich hat einst Herbert Grönemeyer die Männer besungen und damit schon das Motto von Simon Verhoevens Erfolgskomödie geliefert, die mit Teil 2 in Serie geht
Heldentum zeigt sich bekanntlich weniger im Gewinnen einer Schlacht als im Ertragen einer Niederlage. An diesem Maßstab gemessen handelt es sich bei Niklas, Philip, Günther, Roland, Jerome und Bruce um Helden von geradezu epischer Größe. Ob in die Brüche gehende Beziehungen oder vor die Hunde gehende Karrieren, Regisseur und Drehbuchautor Simon Verhoeven hat in »Männerherzen«, seiner Erfolgskomödie von 2009, keine seiner sechs Hauptfiguren verschont. Und die Zuschauer haben es ihm gedankt, indem sie Bruce und Co. Kultstatus verliehen. Glaubt man Augenzeugenberichten von Abifeiern und Junggesellenabenden, ist Bruces großer Schlager »Alle Kinder dieser Erde« zu einer Art Generationenhymne geworden.
Dass Verhoeven dem Konzept der großen Verlierer nun auch im zweiten Teil folgt, beweist er gleich mit der ersten Szene, die auf eine Weise nahtlos an das Ende des ersten Teils anschließt, wie man das sonst nur von TV-Mehrteilern kennt. Man erinnert sich, damals klingelte Jerome (Til Schweiger) irgendwo in der hessischen Provinz an der Tür seiner großen Jugendliebe, die ihn überrascht, aber lächelnd begrüßte. Ein Happyend schien unausweichlich. Jetzt aber zeigt sich, dass in Wahrheit das Gegenteil der Fall ist. Jerome muss erfahren, dass die Jugendliebe einen anderen hat und der gemeinsamen Zeit kaum nachtrauert. Til Schweiger verleiht seiner Figur einmal mehr heldenhafte Größe, indem er sang- und klanglos resigniert. Schlimmer noch: Er sucht in seinem alten Kinderzimmer bei Mama und Papa Unterschlupf. Von unter der Bayern-München-Bettdecke blickt er melancholisch auf ein Foto aus Kinderzeiten, das ihn beim Ritterspielen zeigt. Ähnlich schwere Krisen mit ihrer männlichen Identität durchlaufen derweil auch die in Berlin zurückgelassenen Freunde.
In der deutschen Komödienlandschaft ist Simon Verhoevens Film durchaus etwas Besonderes, das bestätigt die Fortsetzung, gerade weil hier nicht wie sonst üblich die erfolgreichen Gags aus Teil 1 einfach wiederholt und vergröbert werden. Verhoeven bedient tatsächlich weniger die gefundene Erfolgsformel, als dass er seinen Charakteren und ihren Problemen treu bleibt. Wobei das Schöne ist, dass die immer mindestens zwei Seiten haben: Da ist der Spießer Günther (Christian Ulmen), ein pedantischer Angsthase, der zugleich überraschend offen dafür ist, etwas Neues, wie hier etwa Fußballspielen, zu versuchen, auch wenn er die damit verbundenen Demütigungen schon absehen kann. Oder der Chaot Philip (Maxim Mehmet), der liebenswerte Schusseligkeit mit nervtötendem Ungeschick verbindet und allem besseren Wissen über die Gleichberechtigung der Frau zum Trotz den heimlichen Macho in sich nie ganz zum Schweigen bringen kann. Niklas (Florian David Fitz), im ersten Teil noch der Mann mit perfekter Karriere und perfekter Verlobter, darf erleben, dass es immer noch weiter abwärts geht, bevor die Talsohle erreicht ist, dass darin aber auch Befreiendes liegt. Etwas stiefmütterlich, aber das war bereits in Teil 1 so, wird mit Roland (Wotan Wilke Möhring) verfahren, der in klassisch männlicher Weise seinen Überschuss an Gefühlen nicht anders als in Aggression zu kanalisieren weiß und deshalb weiter seine Haftstrafe verbüßt. Das perfekte Gegenstück dazu bildet schließlich Bruce (Justus von Dohnányi), der seinem Überschuss an Gefühlen, Einfällen, Energie und Eitelkeit völlig unkanalisiert Ausdruck verschafft, darauf aber auch nicht immer nur positive Reaktionen erntet.
Dass sich auch zwei Seelen in der Brust von Autor und Regisseur Verhoeven streiten, zeigt sich darin, dass er zwar im Hinblick auf »production values« die amerikanischen Vorbilder sorgfältig emuliert, aber tunlichst vermeidet, was dort in Sachen Humor gerade so in Mode ist. So gibt es hier keine Scherze über Körperflüsssigkeiten, keinen Analhumor und kaum Zotiges, man lacht meist mit und selten gegen die Figuren. Mit den treffenden Verweisen auf »Spacebook«, wie hier ein verbreitetes soziales Medium genannt wird, gelingt Verhoeven ganz nebenbei noch eine aktuelle Mediensatire.
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