Kritik zu Southpaw
Ganz unten: Jake Gyllenhaal spielt im neuen Film von Antoine Fuqua einen Boxer, der alles zu verlieren droht
Der Regisseur Antoine Fuqua hat eine eigentümliche Filmografie. Zwischen politisch fragwürdigem Trash wie »Tränen der Sonne« und »Olympus Has Fallen « finden sich ambitionierte Copdramen wie »Brooklyn’s Finest«. Zuletzt drehte er mit Denzel Washington »The Equalizer«, Selbstjustiz-Exploitation von jener Sorte, für die man Stallone in den Achtzigern als »faschistoid« verdächtigte. So ändern sich die Zeiten.
Die Vorbilder für Fuquas neuen Film »Southpaw« finden sich noch ein paar Jahrzehnte früher. Die Story über einen abgebrannten Box-Champion aus New Yorks berüchtigtem Viertel »Hell’s Kitchen« erinnert mit ihren archetypischen Charakteren und der humanistischen Moral an die rauen amerikanischen Großstadtdramen der 30er und 40er Jahre. Vor allem King Vidors »Der Champ« von 1931 wirkt wie eine Blaupause für das Drehbuch von Kurt Sutter: Wallace Beery spielte darin einen alkoholkranken Ex-Champ, der durch ein Comeback seinem kleinen Sohn ein besseres Leben bieten will. In »Southpaw« spielt Jake Gyllenhaal den Ex-Champ Billy, der nach dem tragischen Tod seiner Frau in eine tiefe Krise stürzt; erst als man ihm seine kleine Tochter wegnimmt, kommt er zur Besinnung. Die Chance auf ein Comeback wird zur ultimativen Bewährungsprobe.
Fuqua bringt bei dieser klassisch anmutenden Geschichte einmal mehr sein Gespür für urbane Milieus zwischen Getto und halbseidenem Glamour zur Geltung; er gibt den Orten des Films eine »gelebte«, nur ganz leicht stilisierte Atmosphäre. Und Jake Gyllenhaal versucht erneut, sich als »method actor« von Rang zu behaupten. Tatsächlich entwickelt er in den stillen Momenten eine brütende Intensität, die an den jungen de Niro oder Pacino erinnert; nur in den lauteren Szenen wirkt er einstudiert, da steht dann die Ambition des Schauspielers der Glaubhaftigkeit des Charakters im Weg.
Am interessantesten wird »Southpaw« aber durch den Bruch mit den erwarteten Rollenbildern des Boxfilms. Drehbuchautor Kurt Sutter zeichnet einen Protagonisten, der vom Männlichkeitskodex seines Milieus aufgerieben wird. Billys Machismo und seine klischeehafte Vorstellung von Beschützer kosten ihn alles. Er verliert seine Frau, weil er sich von den sexistischen Sprüchen eines Herausforderers in seiner Männerehre provozieren lässt; und er verliert seine Tochter, als er mit Waffen und Gewalt auf diesen Verlust reagiert. Sein finaler Titelkampf gegen den Provokateur wird denn auch bewusst nicht als »Racheakt« inszeniert, sondern als Test für Billys mühsam erworbene Fähigkeit, zurückzuweichen. In einer der feinsten Szenen erzählt sein neuer Trainer (Forest Whitaker) eine markige Geschichte aus seinen Zeiten im Ring – die umgehend als Machomärchen entlarvt wird. »Aber sie kommt gut«, kommentiert er lakonisch. So ähnlich geht es einem mit Fuquas Film: Es gibt ein paar Klischees und irgendwie kennt man vieles schon. Aber er kommt einfach gut.
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