Kritik zu Pfau – Bin ich echt?
Albrecht Schuch spielt in dem österreichischen Film von Bernhard Wenger einen Mann, der in seinem eigenen Rollenspiel gefangen ist
Er macht immer eine gute Figur und ist ein idealer Begleiter. Er hilft schnell, wenn mal ein Golfcart abfackelt, und weiß auch was zu sagen, wenn es um moderne Musik geht, nach einem Konzert im elitären Ambiente eines Palmenhauses. Matthias betreibt gemeinsam mit seinem Kumpel in Wien die Firma »My Companion«, eine Rent-a-friend-Agentur, die Begleitservice vermittelt, gut gekleidet, intelligent, immer bestens vorbereitet und seriös – der Einsatz endet an der Haustür. Sogar in der Rolle als Pilot scheint sich Matthias auszukennen, wenn er mal als Vater bei einem Elternabend gebraucht wird.
Doch wer ist Matthias – und was sind seine Rollen? Was ist seine Meinung, was sind auswendig gelernte Sätze? Und kann man das überhaupt noch unterscheiden? Das ist die Fragestellung dieser Satire. Sophia jedenfalls, seine Freundin, mit der er in einem schicken Bungalow am Wiener Stadtrand zusammenlebt, findet, dass sie ihn nicht mehr »spürt«, dass er ihr entgleitet. Kein Wunder, wenn er zu Hause das für einen Einsatz Gelernte zum Besten gibt. Um ihn zu provozieren, schafft Sophia einen riesigen Hund an, aber auch das lockt ihn nicht wirklich aus der Reserve. Sophia zieht aus. Doch es gibt auch andere Friktionen in seinem beruflichen Leben. Als er als Gesprächscoach eine Frau (Maria Hofstätter) im Konfliktverhalten mit ihrem Mann betreut und sie sich dann von ihm trennt, hat er den grantigen Gatten an der Backe, der ihn stalkt und zur Rechenschaft ziehen will.
Der österreichische Regisseur Bernhard Wenger lässt vieles offen in diesem Film. War die junge Frau, die Matthias kennenlernt, am Ende gekauft, um ihn in seiner Existenzkrise aufzumuntern? Was ist Spiel, was ist Realität? Und Wenger versteht sich, manchmal auch nur in kurzen Szenen, auf das Absurde im Realen. Der Bungalow, in dem Matthias lebt, ist so unpersönlich und steril, dass er fast hyperreal wirkt, wie ein nachgestelltes Architekturfoto. Und wenn der titelgebende Pfau bei einem Yoga-Seminar auf dem Auto von Matthias sitzt, wird die Szene erst dadurch lustig, dass daneben ein Rasenroboter seine Arbeit verrichtet.
Aber viel zu lachen gibt es in dem Film nicht, er kultiviert eher das Gefühl des Fremdschämens. »Pfau – Bin ich echt?« ist eine Studie in Sachen Charaktermasken, wie man diese Verstellungskünste im Kapitalismus in den siebziger Jahren genannt hätte, in dem Versuch, Marxismus und Psychoanalyse zu vereinen. Den Mann ohne Eigenschaften spielt Albrecht Schuch in einer grandiosen Performance. Dieser Schauspieler, der eigentlich jede seiner letzten Rollen zu einem Ereignis gemacht hat, kann interessiert und klug schauen und doch eine gewaltige Leere in seinen Blick legen.
Man merkt, dass Bernhard Wenger, der auch das Drehbuch geschrieben hat, durchaus von Filmen wie Ruben Östlunds »The Square» und »Ich bin Dein Mensch« von Maria Schrader inspiriert ist, geht es doch im letzten auch um einen immer nett blickenden Nobody. Aber dass »Pfau – Bin ich echt?« Wengers Spielfilmdebüt ist, merkt man an keiner Stelle.
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