Kritik zu Gladiator II

© Paramount Pictures

Nach 25 Jahren kehrt Ridley Scott, der Tribun filmischer Kinetik, ins Alte Rom zurück und schreibt die Geschichte von »Gladiator« fort. Sein Hauptdarsteller Paul Mescal verfügt immerhin über ein römisches Profil

Bewertung: 2
Leserbewertung
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Der Vorspann ist ebenso bestrickend wie bezeichnend. Eine Animationssequenz evoziert die Vorgeschichte: Schemenhaft schweben die Ereignisse und Charaktere des ersten »Gladiator« an unseren Augen vorbei. Das Publikum bedarf dieser Rekapitulation eigentlich nicht. Der Prolog verfolgt andere Ziele. Die Animation entwickelt sich aus dem grafischen Logo von Ridley Scotts Produktionsfirma. Sein Anspruch auf Autorenschaft ist damit schon einmal gesetzt.

Zugleich verleiht die Passage diesem Stoff ein mythologisches Gewicht, das Scott fortan bekräftigt, indem er unablässig die haptische Ikonographie des Originals – die Ähren, der Staub in der Arena – zitiert. Der Regisseur agiert als sein eigener Epigone, der dem erzählerischen Bogen des Originals sklavisch folgt und gleichzeitig das Blockbuster-Gesetz der Überbietung beherzigt. Diesmal müssen die Gladiatoren einer noch furchterregenderen Menagerie in der Arena trotzen: Pavianen, die wie Höllenhunde anmuten, einem Nashorn und schließlich Haien, die das geflutete Kolosseum während einer Seeschlacht unsicher machen. Die waren im alten Rom zwar unbekannt, aber David Scarpas Drehbuch legt ohnehin kaum Wert auf Akkuratesse, sondern spannt vergnügt historisch verbürgte Gestalten aus Epochen vor und nach Christus zusammen und leistet sich ein freches Kabinettstück des Anachronismus, als ein römischer Senator im Kaffeehaus Zeitung liest.

In diesem Fantasyimperium muss Lucius, der im Exil Hanno gerufen wird (Paul Mescal), in die Fußstapfen seines Vaters Maximus (im Original Russell Crowe) treten: als ein Krieger, der nach dem Tod seiner Frau Rache schwört, sich vom Sklaven zum Gladiator emporkämpft, um in Rom Vergeltung an seinem Widersacher, dem Tribun Marcus Acacius (Pedro Pascal) zu üben. Gefördert wird seine Karriere von dem Gladiatorenhändler Macrinus (Denzel Washington), der Lucius' Zorn für seine politischen Ambitionen nutzen will.

Sobald das Sequel vom Modell des Originals abweicht, strauchelt es auf interessante Weise. Lucius ist zu Beginn ein Held der Defensive. Es gebricht ihm an Maximus' Präsenz – als Crowe zum ersten Mal die Arena betrat, wurde er unverzüglich wieder zum Feldherrn –, er muss erst in die Rolle des Anführers hineinwachsen, der die Gladiatoren eint. In der Seeschlacht erweist er sich als begnadeter Stratege. Derweil bleibt er eine unschlüssig gezeichnete Figur, die erst in die Gefilde von Ambivalenz aufsteigt, als sie in Rom mit ihrer Herkunft konfrontiert wird. 

Die Rückkehr von Connie Nielsen als Lucilla ist begrüßenswert. Dass sie nun mit dem von Pedro Pascal gespielten Tribun Marcus Acacius verheiratet ist und ein Komplott gegen die Tyrannei schmiedet, verkompliziert den Racheplan. Nun gilt es, ein Erbe anzutreten. Als nachdrücklich keuscher Streiter bietet Lucius dem von Dekadenz ausgezehrten Regime der Zwillingskaiser Geta und Caracalla die Stirn. Er wird zum Siegelbewahrer des väterlichen Traums von Rom. Worin genau dieses Ideal bestehen soll, darin weiht der Film sein Publikum nicht ein.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt