Kritik zu Die Unbeugsamen 2
Die Fortsetzung von Torsten Körners präziser Beobachtung der Politik-Pionierinnen der Bonner Republik unter ostdeutschen Vorzeichen erreicht nicht dieselbe Verdichtung, regt aber zu eigener Recherche an
Am 27. September 1950 wurde in der Volkskammer der DDR das »Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau« und damit formal die Gleichberechtigung beschlossen. Das bildet den Ausgangspunkt von »Die Unbeugsamen 2«, mit dem Regisseur Torsten Körner an seinen erfolgreichen Dokumentarfilm von 2021 anknüpft. Das filmsprachliche Konzept ist gleich geblieben: Editorin Sandra Brandl montiert Interviewsequenzen geschickt mit Einstellungen sozialistischer Architektur von Berlin über Chemnitz bis Erfurt und Archivaufnahmen aus DDR-Fernsehen und DEFA-Filmen. Aber wo im ersten Teil die Politik-Pionierinnen der Bonner Republik im Fokus standen, erfordern die politischen Bedingungen in der DDR eine andere Auswahl an Protagonistinnen.
Körner versammelt daher 15 Frauen aus ganz verschiedenen Gesellschaftsbereichen. Künstlerinnen, wie die Malerin Doris Ziegler, Schauspielerin Katrin Sass, Schriftstellerin Katja Lange-Müller und Tina Powileit, Schlagzeugerin in der Band von Gundermann, berichten über ihre Erfahrungen als Frauen in der DDR. Außerdem kommen »Heldinnen der Arbeit« wie die erste weibliche LPG-Vorsitzende oder eine Metallurgin zu Wort und mit Potsdams erster Oberbürgermeisterin Brunhilde Hanke ist auch eine Politikerin vertreten.
In den Erinnerungen der unterschiedlichen Frauen wird deutlich, dass die Gleichberechtigung auch in der DDR alles andere als vollendet war. Auch wenn nahezu alle Frauen berufstätig waren und Krippen und Betreuungsplätze zur Verfügung standen, blieb ihnen eine berufliche Karriere im Vergleich zu den Männern meist verwehrt. Einerseits, weil Haushalt und Kindererziehung an ihnen allein hängenblieben. Andererseits, weil Sexismus und Sozialismus einander nicht ausschlossen. Auch wenn Frauen in der Stahlindustrie malochten, waren Meinungen wie »Die heiratet doch bald und bekommt ein Kind« auch im Arbeiter- und Bauernstaat verbreitet. Archivaufnahmen von Männern, die am Internationalen Frauentag ausnahmsweise und völlig unbeholfen gönnerhaft den Kaffee einschenken, zeugen von patriarchaler Piefigkeit. Einen deutlichen Unterschied machte allein das progressive Abtreibungsrecht.
Aufgrund der historischen Gegebenheiten der DDR lässt sich das Brennglas mit der Fortsetzung nicht so prägnant auf einen Bereich richten. Emanzipatorisches Verhalten äußerte sich unter den Bedingungen der Diktatur und der formal-juristischen Gleichstellung wegen ohnehin subtiler, fand nicht auf der politisch-öffentlichen Bühne statt. Die Fortsetzung erreicht daher trotz immenser Materialfülle nicht dieselbe Schärfe wie der erste Teil. Die interessanten Gesprächspartnerinnen regen aber dazu an, mehr über die Frauen in der DDR erfahren zu wollen, alte DEFA-Filme anzuschauen oder Maxie Wander für sich zu entdecken. Den Untertitel »Guten Morgen, ihr Schönen!« entlehnt Körner dem Erfolgsbuch der aus Österreich in die DDR emigrierten Schriftstellerin, die 1977 verstarb und mangels Archivmaterial im Film nicht vorkommt.
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