Interview: Gary Oldman über seine Rolle in »Slow Horses«
Gary Oldman in »Slow Horses – Ein Fall für Jackson Lamb« (Staffel 1, 2022). © Apple TV+
Mr. Oldman, vor gut zehn Jahren haben Sie einen anderen Geheimagenten verkörpert, den von John le Carré erfundenen George Smiley in der Verfilmung seines Romans »Dame, König, As, Spion«: Haben Sie Sich Jackson Lamb je als die entehrte Version von George Smiley vorgestellt? Wenn ja, konnten Sie dann bestimmte Eigenheiten von Smiley bei Lamb wieder aufnehmen? Oder mussten Sie bei Null anfangen?
Ich denke schon, dass es gewisse Echos von George Smiley bei Jackson Lamb gibt. Mick Herron, der Autor der »Slow Horses«-Romane, ist jedenfalls ein großer Fan von John le Carré und von diesem beeinflusst und inspiriert. So schroff und rauh Jackson Lamb auch ist, hat er doch einen moralischen Kompass. Ich kann nicht sagen, wie nett er ist (aber ich weiß auch nicht, ob Smiley nett ist). Es ist schon ein seltsamer Beruf, dem beide nachgehen. Ich würde sagen, der Beruf hat sie gewählt, nicht sie den Beruf. Beide gehen sie sehr analytisch vor, sind äußerst smart und dadurch dem Gegner oft ein oder zwei Schachzüge voraus.
In der zweiten Staffel der Serie weitet sich der Blick in die Vergangenheit, in die letzte Zeit des Kalten Krieges und auf eine unheilvolle Erbschaft aus dieser Zeit. Es geht aber auch noch einmal für einen kurzen Moment zurück zum rätselhaften Tod des früheren Chefs von Jackson Lambs jetziger Sekretärin Catherine Standish und der Rolle, die Lamb dabei spielte. So wie er mit ihr umgeht, vermute ich, das wird noch länger dauern, bis dieses Rätsel gelöst wird.
Da möchte ich nicht vorgreifen. Jackson Lambs Verhalten hat für ihn durchaus etwas Befreiendes, aber er weiß, dass er durch seine schroffe Art andere Menschen gegen sich aufbringt. Aber seien Sie versichert, dass wir zwischen den Takes viel miteinander lachen. Bei seiner Sekretärin kommt diese persönliche Ebene hinzu, Jackson hat ein Alkoholproblem (obwohl er das nie zugeben würde) und er weiß, dass Catherine nach dem Tod ihres Chefs ihren Kummer ebenfalls im Alkohol ertränkte. Als ich vor Jahren selber dieses Problem hatte, kam bei einem Empfang eine Frau auf mich zu, die mich fragte, wie das so laufe bei den Anonymen Alkoholikern. Ich konnte ihr nur sagen, dass das für mich funktioniert hatte, dass ich aber dafür keine Werbung machen würde. Ich hatte sofort bemerkt, dass sie selber dieses Problem hatte, das aber nicht zugeben konnte. Es ist übrigens interessant zu sehen wie weit Menschen, deren Geschäft die Geheimhaltung ist, auch ihre privaten Probleme geheim halten können.
Sie haben mehrfach historische Figuren verkörpert, bei denen aufwändige Makeup-Prozeduren dazu gehörten. Bei »Slow Horses« war die Authentizität der Figur vermutlich leichter herzustellen?
Ich habe viele hundert Stunden meiner Karriere in einem Sessel verbracht, wo mir das Makeup aufgetragen wurde, denken Sie nur an Rollen, in denen ich Winston Churchill, Ludwig van Beethoven oder auch Graf Dracula verkörperte. Das scheint mir bis zu einem gewissen Grad auch Vergnügen zu bereiten, sonst hätte ich es nicht so oft gemacht. Aber Sie können sich sicher sein, dass die Darstellung einer Figur, die meiner eigenen Stimme und meinem eigenen Äußeren so viel näher ist, eine Erleichterung bedeutet. Das gibt mir mehr Freiheiten. Ich glaube, in der vierten Staffel habe ich einen Bart, auf jeden Fall werde ich immer schmutziger und rieche stärker. Darin folge ich meinem Regenmantel, der ja schon in der zweiten Staffel dreckiger ist.
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